Geisenberger plant WM-Coup: „Ich will mehr“

Whistler (dpa) - Noch traut Rodlerin Natalie Geisenberger ihrem Traumwinter noch nicht so ganz. „Mir wird das langsam selbst unheimlich, wie es in dieser Saison läuft“, gestand die 24-Jährige nach ihrem Weltcup-Sieg bei der WM-Generalprobe vor zwei Wochen in Winterberg.

Doch beim WM-Rennen am Samstag (Ortszeit) im kanadischen Whistler soll nun endlich der ganz große Coup her. „Ich war in den vergangenen Jahren oft Zweite. Aber ich will mehr“, sagt die Miesbacherin. „Man muss gar nicht lange drumherumreden: Ich will eine Medaille - und möglichst die goldene.“ Das Selbstbewusstsein hat sich die Bayerin im vorolympischen Winter wahrlich verdient.

Fünf Weltcup-Siege konnte Geisenberger in den bisherigen sieben Rennen einfahren, der erstmalige Gesamtsieg ist ihr kaum noch zu nehmen. Als Vorgeschmack auf ihre sechste WM gab es zudem den zweiten EM-Titel nach 2008. „Sie ist die Nummer eins“, lobt Bundestrainer Norbert Loch denn auch seine ehrgeizige Athletin, die in diesem Winter Team-Kollegin Tatjana Hüfner an der Weltspitze abgelöst hat.

Wie groß der Ehrgeiz der gebürtigen Münchnerin ist, zeigte sich schon 2007 bei Geisenbergers WM-Debüt. Erst auf den letzten Drücker war die damalige Junioren-Weltmeisterin nach dem kurzfristigen Karriere-Ende von Olympiasiegerin Sylke Otto ins WM-Team gerückt. „Ich bin erst einmal nur dabei, gewinnen muss ich noch nicht“, meinte sie damals brav. Am Ende stand für die 18-Jährige Rang vier - und die WM-Debütantin war darüber alles andere als glücklich.

Damals fuhr Hüfner zu ihrem ersten WM-Titel - und auch fortan stand sie Geisenberger beim Sprung ganz nach oben im Wege. Bei Olympia 2010 siegte Hüfner ebenso wie bei den Welttitelkämpfen 2008, 2011 und 2012. Zudem gewann die Rodel-Dominatorin in den vergangenen fünf Wintern jeweils den Gesamt-Weltcup. Doch in dieser Saison läuft es einfach nicht, Rückenprobleme verhagelten Hüfner die erste Saisonhälfte.

Geisenberger, die in den vergangenen Jahren so oft im Schatten der Seriensiegerin gestanden hatte, nutzte die Gunst der Stunde. Alles scheint für die dreimalige WM-Zweite diesmal zu passen. „Ich bin mental gut drauf, der Schlitten läuft wie Sau“, schwärmt die Olympia-Dritte. „Ich habe einfach dermaßen viel Spaß. Da bekommt man schon beim Fahren das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.“

Genau auf diese Leichtigkeit hofft Titelverteidigerin Hüfner nach ihren überstandenen Rückenproblemen. Noch immer ist die 29-Jährige in diesem Winter ohne Sieg, doch auf der Olympia-Bahn in Whistler sollte niemand die viermalige Weltmeisterin abschreiben. „Ich liebe die Gegend, ich liebe die Bahn“, sagt Hüfner. Einen besseren Ort für die Versöhnung mit einer verkorksten Saison gibt es für sie wohl kaum. Herausforderin Geisenberger wird's wissen.