Damen-Bilanz bewegt DSV zu „revolutionären“ Schritten
Beaver Creek (dpa) - Vom Riesenslalom-Silber von Viktoria Rebensburg ließ sich der deutsche Alpinchef nicht täuschen.
„Wir hatten uns ja darauf verständigt, eine Medaille bei den Damen gewinnen zu wollen. Die haben sie gewonnen. Sie haben also das Soll erfüllt. Man muss aber auch ein bisschen dahinter schauen“, sagte Wolfgang Maier der Deutschen Presse-Agentur bei der WM in den USA.
„Wir hatten bei dieser WM relativ wenig Starterinnen, für die nächsten Jahre haben wir in allen Disziplinen hohen Aufholbedarf. An der Spitze ist es eigentlich eine Einzelvorstellung gewesen von der Vicky“, kommentierte Maier. Neben der Vancouver-Olympiasiegerin gebe es nur „ein paar Rosinenstücke von der Veronique Hronek und den beiden Slalomfahrerinnen“, das aber sei nicht „unser Ziel“.
Rebensburg und die inzwischen verletzte Hronek in Super-G, Abfahrt und Team-Event, nur Rebensburg im Riesentorlauf sowie Maren Wiesler und Lena Dürr, die mit den Plätzen zwölf und 13 ihre besten Saisonergebnisse im Slalom einfuhren - mehr Damen des Deutschen Skiverbands waren in Colorado nicht am Start. „In der Abfahrt hätten wir uns ein bisschen mehr erwartet. Aber im Großen und Ganzen können wir zufrieden sein mit dem, was die paar Damen, die da waren, geleistet haben“, befand Cheftrainer Markus Anwander.
Seine beiden Slalom-Fahrerinnen, die die Norm verpasst und nur durch eine interne Quali ihr WM-Ticket bekommen hatten, lobte er: „Sie haben zumindest jetzt gerechtfertigt, dass man sie mitgenommen hat. Ich bin sehr zufrieden mit den Vorstellungen der beiden.“
Auf Hronek muss der DSV wegen eines Kreuzbandrisses aus dem Team-Event etwa sechs Monate verzichten. Die Auswahl an Sportlerinnen, die im Weltcup mithalten können, ist dadurch noch kleiner geworden. „In der Abfahrt sind wir zu dünn aufgestellt, genauso in den technischen Disziplinen. Wir haben zu wenig Läuferinnen, die international konkurrenzfähig sind. Das ist etwas, das wir nicht von der Hand weisen“, sagte Maier und kündigte eine Reaktion an. „Ich bin überzeugt, dass wir zu für unsere Verhältnisse ganz revolutionären Schritten kommen müssen. Sonst bleiben wir auch in den nächsten Jahren bis auf wenige Ausnahmen im Mittelmaß.“
Ins Detail gehen wollte Maier allerdings (noch) nicht. „Ich spreche nicht, bevor das Weltcup-Finale zu Ende ist, über irgendwelche Veränderungen“, sagte er mit Blick auf die Rennen in Méribel vom 18. bis 22. März. „Das muss man auch nicht verkehrt interpretieren. Das muss nicht heißen, dass das Personal gehen muss, sondern das heißt, dass ich die gesamte Förderung überarbeiten und überdenken muss.“
Etwa sechs Wochen bleiben also noch, um die Eindrücke und Ergebnisse aus den Rocky Mountains zu sortieren und zu bewerten. Das gilt ebenso für die Speedfahrer bei den Herren, die schon kommendes Wochenende in Österreich wieder im Weltcup antreten. „Auch dort werden wir unsere Strukturen noch mal verbessern und überarbeiten“, sagte Maier.
Grundsätzlich sieht er den seit Sommer von Cheftrainer Mathias Berthold und Disziplincoach Christian Schwaiger verantworteten Bereich aber auf dem richtigen Weg. Insbesondere der letzte Eindruck aus der Kombinations-Abfahrt mit Rang sieben von Andreas Sander ist gut. „Sie haben sich hier unter Hochdruck nicht schlecht verkauft. Das muss man mal fair sagen, auch wenn man immer davon ausgeht, dass es bei einer WM nur um Medaillen geht“, sagte Maier. „Aber wenn du ein Team entwickeln willst, dann muss man auch mal die Zeit und den Vorschuss geben, dass man ausprobieren kann, wo man steht.“
2016 stehen weder eine WM noch Olympische Winterspiele an, erst 2017 geht es bei den Titelkämpfen in St. Moritz wieder um Medaillen. „Ob man es komplett erreicht, das weiß ich nicht. Aber wir werden sicher bis zur nächsten WM anders aufgestellt sein. Davon bin ich überzeugt“, sagte Maier.