Höfl-Riesch: „Wird vielleicht der schönste Start“
Sölden (dpa) - In der Vorsaison gewann Maria Höfl-Riesch als dritte deutsche Skirennfahrerin nach Rosi Mittermaier und Katja Seizinger den Gesamtweltcup.
In diesem Jahr ist die Doppel-Olympiasiegerin die Gejagte - und will am Saisonende gerne wieder eine Kristallkugel in den Händen halten. Großen Druck verspürt die 26-Jährige nicht und entsprechend locker ist sie. „Es wird vielleicht der schönste Start“, sagte die Partenkirchenerin.
Sie haben schon so viele Winter als Skirennfahrerin erlebt und so viel gewonnen - ist man da so kurz vor dem Saisonstart trotzdem noch nervös?
Maria Höfl-Riesch: „Ja. Man bringt im Sommer viele Anstrengungen und Mühen auf, und dann ist man schon ein bisschen aufgeregt, wie es laufen wird und ob sich alles auszahlt. Es kribbelt auf jeden Fall.“
Die vergangene Saison war mit dem Gesamtweltcupsieg gekrönt und damit haben Sie in Ihrer Karriere fast alles Mögliche gewonnen. Was bringt einem diese Erfolgsliste für den Start in die neue Saison?
Höfl-Riesch: „Es wird vielleicht der schönste Start. Trotz Aufregung und Spannung sehe ich dem Ganzen einigermaßen gelassen entgegen. Es steht nicht mehr der ganz große Druck dahinter, weil sich der große Traum vom Gesamtweltcup im letzten Jahr erfüllt hat. Aber trotzdem bin ich natürlich hochmotiviert. Mein Ziel ist es, wieder vorne mitzumischen.“
Es fehlt nur noch ein Weltcup-Sieg im Riesenslalom, dann wären sie die fünfte Skirennfahrerin, die in fünf Disziplinen gewinnen konnte. Welchen Stellenwert hätte das für Sie?
Höfl-Riesch: „Das wäre schon toll, ist aber kein Muss. Ich kann, wenn am entscheidenden Tag alles zusammenpasst, im Riesenslalom Rennen gewinnen, das weiß ich.“
Wäre es wichtiger, das zu schaffen oder den Gesamtweltcup zu verteidigen?
Höfl-Riesch: „Um das Ganze noch ein bisschen kompletter zu machen, wäre ein Sieg im Riesenslalom wahrscheinlich fast das Wichtigere. Aber letztlich kann man beides nicht vergleichen. Die Große Kugel nochmal zu holen, ist nun mal das Größte, das ich in dieser Saison erreichen könnte.“
Hand aufs Herz: Denkt man da im harten Sommertraining nicht auch mal darüber nach, es ruhiger angehen zu lassen?
Höfl-Riesch: „Eigentlich nicht, schon weil mir das Kraft- und Ausdauertraining im Sommer - Radfahren, Laufen, auf den Berg gehen - viel Spaß macht. Das sind alles Sachen, die ich auch gern in meiner Freizeit oder im Urlaub mit meinem Mann zusammen mache. Mir geht's einfach gut, wenn ich Sport treibe, mich bewege.“
Wie kann man ein Zwischenjahr nutzen, um etwas für das nächste Jahr mit Großereignis auszuprobieren?
Höfl-Riesch: „Zum Beispiel, indem man bestimmte Änderungen vornimmt, von denen man sich zwar etwas verspricht, aber nicht weiß, ob sie einen wirklich voranbringen.“
Sie haben ihre Ernährung umgestellt. Sie haben den Zuckeranteil reduziert, trinken nicht mehr Latte Macchiato bis zum Abwinken, wie Sie es selbst mal formuliert haben, und abends gibt es Trennkost. Wie wirkt sich das aus?
Höfl-Riesch: „Mein Gesamtwohlbefinden ist einfach besser. Ich habe ein besseres Körpergefühl entwickelt, kann besser einschätzen, wann mein Körper was braucht. Ich fühle, dass ich mehr Power habe. Und nebenbei habe ich dadurch ein paar Kilo verloren. Das ist allerdings etwas, von dem ich nicht weiß, ob es auch gut ist. Aber genau das werde ich jetzt herausfinden.“
Die Kilos könnten also vielleicht auch ein Problem werden, in der Abfahrt wegen fehlendem Gewicht oder weil Sie im Laufe der Saison ohnehin immer einige Kilogramm verlieren?
Höfl-Riesch: „Eigentlich glaube ich nicht, dass es ein Nachteil in der Abfahrt ist. Die Schwung- und Beschleunigungsmasse ist zwar geringer, aber die Fliehkräfte werden dadurch auch kleiner. Das könnte in den Kurven sogar ein Vorteil sein. Das muss ich einfach ausprobieren.“
Es liegt eine traumhafte Zeit hinter Ihnen, die einzigen Misstöne waren die Ihrer langjährigen Ski-Freundin Lindsey Vonn. Mit welchem Gefühl blicken Sie der Begegnung in Sölden entgegen?
Höfl-Riesch: „Es gab ja ein Gespräch im Juli in Neuseeland zwischen uns. Da haben wir darüber diskutiert, was letzte Saison passiert ist. Am Ende mussten wir beide einsehen, dass unsere Standpunkte in der Sache nach wie vor unterschiedlich sind. Aber Lindsey hat einiges eingeräumt, und damit ist das Thema für mich jetzt erledigt, der Sport sollte nun wieder ganz im Vordergrund stehen.“
Noch mal nachgehakt: Aber wie ist das Gefühl vor dem Wiedersehen?
Höfl-Riesch: „Lindsey ist für mich eine Konkurrentin wie alle anderen auch, ich werde sie respektvoll und fair behandeln, und mehr möchte ich dazu auch nicht mehr sagen.“
Also auch nichts zu Lindsey Vonns Aussagen in österreichischen Medien, dass alles zwischen Ihnen beiden wieder passt?
Höfl-Riesch: „Nein, ich habe gerade alles zu dem Thema gesagt.“
Zurück zum Sportlichen: Sie haben kürzlich erneut betont, dass das Programm zu umfangreich sei. Was wäre denn in Ihren Augen eine Lösung?
Höfl-Riesch: „Es sind nicht unbedingt zu viele Rennen, ich finde den Rennkalender nur nicht optimal. Es geht am Samstag in Sölden los, dann sind drei Wochen Zeit vor dem Slalom in Levi, dann folgen wieder zwei Wochen Pause. Das ist fast ein bisschen zu schleppend für den Anfang. Das könnte man etwas enger zusammenlegen und dafür das Programm im Januar und Februar lockern, denn das ist schon sehr hart, vor allem durch die viele Reiserei.“
Selbst auf Rennen und Reisen zu verzichten wäre keine Alternative?
Höfl-Riesch: „Wenn es im Gesamtweltcup gut laufen sollte, dann ist das sicher keine Option. Würde es da allerdings wirklich schlecht laufen und ich mich ausgebrannt und leer fühlen, müsste man sich schon überlegen, ob man nicht eine Woche aussetzt, um wieder Kraft zu tanken.“
Wie oft wird Sölden Sie noch als aktive Athletin noch zu sehen bekommen?
Höfl-Riesch: „Man hört ja immer wieder, dass es die Gletscher bald nicht mehr geben wird. Ich hoffe natürlich, dass sich das nicht bewahrheitet und noch lange Gletscherrennen in Sölden möglich sein werden. Ich werde am Samstag dabei sein und danach vielleicht noch zwei-, dreimal schätze ich.“
Gerade die deutsche Mannschaft hatte sehr viel Verletzungspech mit Ausfällen von ihrer Schwester Susanne oder auch Gina Stechert. Auch Sie selbst hätte es in Chile um ein Haar erwischt. Wie groß sind da die Sorgen?
Höfl-Riesch: „Das Verletzungspech in unserem Team in Chile war wirklich schlimm. Wenn man so etwas miterlebt, wird einem wieder klar, wie froh man sein muss, einen Lauf sicher ins Tal zu bringen. Ich hoffe, dass sich alle schnell wieder erholen und bald zurückkommen.“
Was trauen Sie dem deutschen Damen-Team denn nach den Ausfällen zu?
Höfl-Riesch: „Im Speedbereich sind wir jetzt ziemlich dezimiert. Neben mir sind da nur noch Vicky (Viktoria Rebensburg), die sicher nicht alle Abfahrten fahren wird, und Veronique Hronek, die einen Fixplatz im Riesenslalom und Super-G hat. Vicky ist im Riesenslalom super drauf und für Sölden meine Top-Favoritin. Aber auch Lena Dürr ist gut in Form. Wie stark das Slalom-Team insgesamt ist, kann ich schwer beurteilen, weil wir ja in getrennten Gruppen trainieren.“
Auf Ihrer neuen Homepage sieht man sie in vielen Modelposen. In welcher Pose wird man Sie am Saisonende des Ski-Weltcups erleben?
Höfl-Riesch: „Ich hoffe, mit beiden Armen oben - und wenn sie dabei eine Kugel halten würden, wäre das natürlich super.“