„Herminator“ eingeholt Österreicher Hirscher bastelt an eigener Ski-Legende
Schladming (dpa) - Auf dem Weg zur skisportlichen Unsterblichkeit hat Marcel Hirscher in Österreich kaum noch Tore zu umfahren. Nach seinem 54. Weltcup-Sieg im faszinierenden Flutlicht-Slalom von Schladming steht der Edeltechniker nun auch offiziell auf einer Stufe mit dem Ski-Heroen Hermann Maier.
Und Hirscher könnte den einstigen Champion auch bald ganz hinter sich lassen. So etwas bewegt die Alpenrepublik: dort der Altstar mit Höhen und Tiefen wie aus einem Hollywood-Film, hier der neue, fast unschlagbare Dominator von roboterhafter Konstanz. „Das sind Rekorde, die ganz schön Gewicht haben“, meinte Hirscher und sagte zur erreichten Maier-Marke: „Ein Traum ist wahr geworden.“
Seit Hirscher vom Super-Talent zum Fast-Alles-Gewinner geworden ist und in den vergangenen sechs Wintern die Weltcup-Gesamtwertung teils mit famosen Vorsprüngen gewann, wird er mit dem „Herminator“ verglichen. Am Dienstagabend holte der junge Salzburger den älteren Salzburger dann ein, bei einem atemberaubenden Flutlicht-Duell mit seinem Dauerrivalen Henrik Kristoffersen aus Norwegen. „Das ist unglaublich“, sagte der 28-Jährige und kündigte an: „Schauen wir mal, was noch möglich ist.“
Niemand zweifelt daran, dass Hirscher zur alleinigen Nummer zwei hinter dem schwedischen Rekordmann Ingemar Stenmark (86) aufsteigt. Schon am Sonntag im Riesenslalom von Garmisch-Partenkirchen könnte es soweit sein.
Auch Hermann Maier stellt sich auf noch viele Hirscher-Siege ein, das zumindest schrieb er in einer öffentlichen Glückwunsch-Mail. Dabei vergaß der Weltcup-Rentner freilich nicht zu erwähnen, dass er selbst bei seiner Rekordjagd durch einen schweren Motorrad-Unfall „abrupt gebremst“ wurde, nachdem er in nur vier Wintern „mehr als 40 Siege“ eingefahren hatte. Der Verweis auf seinen Rekord von 13 Siegen und gleich vier Weltcup-Kugeln in nur einer Saison fehlte auch nicht.
Das alles klang schwer nach Seitenhieb - sollte es aber angeblich nicht. Am folgenden Tag ließ Maier der Deutschen Presse-Agentur jedenfalls mitteilen: „Das war eine offen und ehrlich gemeinte Gratulation zu Marcels Erfolg ohne jegliche Stichelei.“ Mögliche negative Interpretationen stießen im Maier-Lager auf Verwunderung, hieß es.
Maier oder Hirscher, das ist für viele Österreicher eine regelrechte Glaubensfrage. Vergleiche hinken allein schon deshalb, weil die Werdegänge der zwei Ausnahmesportler völlig unterschiedlich waren.
Maier war wegen angeblicher Perspektivlosigkeit schon aus dem österreichischen Kader geflogen, arbeitete als Maurer und finanzierte sich Rennteilnahmen so selbst. Erst als 23-Jähriger gelang ihm der Durchbruch. Hirscher war schon als Teenager ein Überflieger, ein Jahr nach seinem Weltcup-Debüt fuhr er 2008 als 19-Jähriger aufs Podest.
Maier zog das ganze Land in seinen Bann, weil er nicht nur famose Siege feierte, sondern auch atemberaubende Rückschläge erlebte. Sein Abflug bei der Olympia-Abfahrt 1998 weit über die Streckenbegrenzung hinweg erzeugte Bilder für die Ewigkeit - nur Tage nach dem Sturz gewann er in Nagano Gold in Super-G und Riesenslalom. Im August 2001 verunglückte er mit dem Motorrad schwer und drohte sogar ein Bein zu verlieren. Er schaffte aber das Comeback, wurde 2005 sogar noch einmal Weltmeister und holte 2006 zwei olympische Medaillen. Auf Edelmetall bei Winterspielen wartet Hirscher übrigens bislang noch.
Hirscher blieb in seiner Laufbahn bisher von derartigem Unheil verschont - bisherige Schwierigkeiten schienen ihm nichts auszumachen. Im vorigen Sommer brach er sich den Knöchel und ließ im Weltcup Hoffnung aufkommen, seine Erfolgsserie könnte zumindest unterbrochen werden. Neun Siege und drei weitere Podestplätze in insgesamt 14 Rennen später läuft aber wieder alles auf einen Kugel-Gewinner Marcel Hirscher hinaus.
„Er hebt Skifahren auf ein neues Level, und das seit Jahren“, lobte der Schweizer Daniel Yule, der Schladming-Dritte hinter Hirscher und Henrik Kristoffersen. „Er ist das Beste, was der Skisport hat.“
Die ewige Weltcup-Siegerliste der Herren:
*noch aktiv