Schuh-Hickhack ärgert Riesch: „Es geht um Moral“

Lenzerheide (dpa) - Die Schuhe sind schuld: Das Nervenduell um den Gesamtweltcup wird für Maria Riesch auch zur Belastungsprobe für ihre Freundschaft zu Dauerrivalin Lindsey Vonn.

Vor dem Saisonfinale auf der Lenzerheide kommt es zwischen den beiden Spitzen-Alpinen zu Reibereien um die Taktik der Amerikanerin, mit Schuhen ihres alten Ausrüsters zu fahren. „Sie hat es abgestritten, und das ist unter Freundinnen einfach nicht in Ordnung“, klagte Riesch vor der Abfahrt und äußerte nach dem zweiten Trainingslauf „persönliche Enttäuschung, weil sie mich einfach angelogen hat.“

Nach mäßigen Ergebnissen am vergangenen Wochenende geht die deutsche Doppel-Olympiasiegerin mit 23 Punkten Vorsprung in den Showdown in der Schweiz. Dennoch sieht sie Vonn als Favoritin, „da sie speziell in den technischen Disziplinen einfach aufsteigende Tendenz zeigt.“ Sportlich habe das Schuh-Wechselspielchen zwar keine besondere Bedeutung, dennoch ärgert sie sich: „Es geht hier mehr um Moral.“

Nach der abschließenden Testfahrt stritt Vonn die Vorwürfe ab. „Ich weiß nicht, wovon sie spricht. Ich verstehe das alles nicht. Es ist nicht wahr, ich trage keinen alten Schuh“, sagte sie.

Dass es besonders vor großen Entscheidungen immer wieder zu Spannungen zwischen den Jugendfreundinnen kommt, stellte bereits der frühere deutsche Damen-Cheftrainer Mathias Berthold fest. „Der Haussegen hing doch schon vor einem Jahr bei Olympia schief“, sagte der Österreicher während dieser Saison. „Das ist aber okay, das ganze Schnucki-Pucki ist eh sinnlos.“

Branchenkenner sind überrascht, dass sich die sonst so abgeklärte Riesch vom psychologischen Geplänkel Vonns unter Druck setzen ließ. Als Knackpunkt gilt zudem die Super-Kombination von Tarvisio, als die Amerikanerin mit 37/100 Sekunden Vorsprung Riesch ausgerechnet in einer Parade-Disziplin die erste von insgesamt drei Kleinen Kugeln vor der Nase wegschnappte. „Ich muss mich als Führende jetzt wirklich in Lenzerheide auf mich selbst konzentrieren und alles versuchen“, betonte Riesch.

In den beiden Trainingsfahrten konnten die zwei weltbesten Skirennfahrerinnen noch nicht in die Spitze rasen. Am Dienstag wurde Vonn Siebte, Riesch Elfte. Gut verdient haben beide aber schon vor dem Saisonfinale. Allein an Preisgeldern gab es für jede rund 350 000 Euro.

Nach der Abfahrt an diesem Mittwoch stehen in Lenzerheide jeweils ein Super-G und Slalom auf dem Programm, das von einem Riesentorlauf abgeschlossen wird. Darin reicht Viktoria Rebensburg am Samstag bereits ein elfter Platz, um sich die erste Disziplin-Wertung ihrer Karriere zu sichern.

Bei allen Hochrechnungen um die Große Kugel hatte der deutsche Alpin-Direktor Wolfgang Maier den ganzen Winter lang auf das zu erwartende Herzschlagfinale hingewiesen. „Ich habe schon die unmöglichsten Dinge gesehen“, erinnert er an die bitteren Momente von Katja Seizinger 1995. Erst im finalen Rennen entriss ihr die Schweizerin Vreni Schneider in Bormio den schon sicher geglaubten Sieg um ganze sechs Punkte.

Derartige Spannung in der Gesamtwertung ist bei den Herren nach dem vorzeitigen Triumph von Janica Kostelic' Bruder Ivica ausgeschlossen. Aber zwei Speed-Routiniers wollen noch für Aufsehen sorgen: Der Österreicher Michael Walchhofer (35) kann sich am Mittwoch (9.30 Uhr) auf den letzten Metern seiner Karriere die Abfahrtskugel sichern. Für den ein Jahr älteren Schweizer Didier Cuche geht es am Donnerstag auch um den Sieg im Super-G, wo Stephan Keppler nach dem WM-Aus auf ein versöhnliches Saisonende hofft.