Susanne Riesch vor Comeback
Levi (dpa) - Wozu eine Urlaubsbekanntschaft doch gut sein kann. Als eine gefrustete Susanne Riesch im Frühjahr zum Abschalten nach Zypern flog, war das für sie die Wende auf dem Weg zurück in den Ski-Weltcup.
Gut eineinhalb Jahre nach ihrer schweren Verletzung lernte sie auf der Mittelmeerinsel den Konditionstrainer und Physiotherapeuten Gernot Schweizer kennen. Er war dort ebenfalls im Urlaub und bot seine Hilfe an. „Das ist genau der Punkt gewesen, der mich jetzt nach vorn gebracht hat“, erinnert sich die 25 Jahre alte Skirennfahrerin. Schweizer untersuchte Riesch, entwarf ein individuelles Aufbauprogramm, arbeitete mit ihr. Das Ergebnis: An diesem Samstag gibt sie aller Voraussicht nach ihr Comeback.
Erholsam war die Zeit unter Schweizers Regie allerdings nicht, auch wenn Riesch sich freiwillig eine Ferienwohnung in der Nähe suchte. „Der ist ziemlich zäh. Ich bin mir ganz sicher, dass viele das nicht schaffen würden bei dem“, betonte die jüngere Schwester von Doppel-Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch. Die Vorfreude auf das Comeback ist dafür umso größer. „Es ist einfach schön, wenn ich nach zwei Jahren wieder aus dem Start rausfahre.“ Zu viel solle man nicht erwarten im ersten Rennen nach 974 Tagen ohne Weltcup-Start, „aber ich werde auf jeden Fall mein Bestes geben“.
Im September 2011 hatte die zweimaligen Weltcup-Podestfahrerin in Chile bei einem Sturz im Abfahrtstraining einen Trümmerbruch des linken Schienbeinkopfes erlitten, sich das vordere Kreuzband gerissen und sich zudem eine Meniskusverletzung zugezogen. Ihr letzter Renneinsatz datiert vom 18. März 2011 im schweizerischen Lenzerheide.
„Es war wirklich auf der Kippe gestanden, ob ich weitermache oder nicht. Ich bin froh, dass ich den Sprung geschafft habe, dass es gut geht, ohne, dass ich mein Knie zerstöre oder mit 35 ein künstliches Kniegelenk brauche“, schilderte die Slalom-Spezialistin. „Ich kann ohne schlechtes Gewissen trainieren und mein Knie hält es aus.“ Neben dem Torlauf bleibt für sie der Riesenslalom ein Thema - alle anderen Disziplinen sind abgehakt. „Das kommt nicht mehr in Frage.“
Im Slalom aber würde Riesch gerne wieder nach vorne kommen, wenngleich sich ihre Lieblingdisziplin gewandelt hat. „Meiner Meinung nach hat sich im Slalom in den letzten zwei Jahren einiges geändert. Läufe sind eher enger geworden, Pisten nicht mehr ganz so eisig“, beschrieb sie, die sich „natürlich alles im Fernsehen“ anschaute. „Ich habe jetzt da Konkurrentinnen wie etwa (Mikaela) Shiffrin“, wies die Deutsche auf die 18-jährige Amerikanerin hin. Shiffrin gewann im Vorjahr die Slalom-Kristallkugel, wurde zudem Weltmeisterin.
Von Erfolgen dieser Größenordnung mag Riesch derzeit nicht träumen, von einer Olympia-Teilnahme aber schon. „Jetzt müssen wir aber erst einmal schauen, dass die ersten Weltcup-Rennen gutlaufen“, hob die bei den Winterspielen 2010 so bitter gescheiterte Skirennfahrerin hervor. In Vancouver hatte sie eine Medaille vor Augen, schied aber aus. In Tränen aufgelöst musste sie damals von ihrer Schwester, der Olympiasiegerin, getröstet werden. Und auch in den harten Tagen der Verletzung gab es Zuspruch von Maria Höfl-Riesch.
„Die Suse hat wirklich eine harte Zeit hinter sich“, erinnerte sie sich Anfang der Woche. „Es ist wahnsinnig schwer, sich wieder ran zu kämpfen.“ Es werde sicherlich nicht leicht werden und Susanne müsse Geduld haben, erklärte die 24-malige Weltcup-Siegerin. „Aber ich traue ihr das zu.“ Auch Alpindirektor Wolfgang Maier blickt dem Comeback zurückhaltend entgegen. „Sie ist noch ein bisschen in der Findungszeit“, erklärte Maier. „Wenn jemand zwei Jahre lang keinen Wettkampf bestritten hat, dann ist das nicht einfach, das im Vorfeld zu bewerten.“