Emotionen pur: Staffel holt Langlauf-Bronze
Oslo (dpa) - Sie kugelten übereinander im Schnee, sie weinten und sie waren stolz: Nach der Bronzemedaille der deutschen Langlauf-Herren in der 4 x 10-Kilometer-Staffel fielen am Holmenkollen Felsbrocken von den Schultern der Athleten.
Jens Filbrich, Axel Teichmann, Franz Göring und Tobias Angerer erkämpften sich das Edelmetall - das erste für die Langläufer bei den Weltmeisterschaften in Oslo. Nach den Misslichkeiten der vergangenen Monate war es Lohn für alle Mühen und nie erlahmenden Optimismus.
5,7 Sekunden fehlten zum ersten Gold seit 1974. Das holte sich Norwegen, doch der Glanz verblasste bereits beim Überqueren der Ziellinie. Star-Läufer Petter Northug untermauerte seinen Ruf als arroganter Sportler, als er vor dem Zielstrich stoppte, sich drehte und seitlich die Zeitnahme auslöste. „Diese Gestik muss nicht sein, das war unsportlich. So etwas möchte ich von meinen Athleten niemals erleben“, wetterte Bundestrainer Jochen Behle, dem ansonsten die Freude über seine Jungs im Gesicht stand.
„Das war ein schweres Stück Arbeit. Man hat gesehen, wie eng es im Herren-Bereich zugeht. Für eine Medaille braucht man auch ein Quäntchen Glück, aber das haben wir uns heute erarbeitet“, schwärmte Behle. Nach den vielen Krankheiten und anderen Rückschlägen im Saisonverlauf war es eine Wiederauferstehung zur rechten Zeit. „Dass es noch für Bronze gereicht hat, tut den Jungs gut, denn sie haben sich selbst aus dem Schlamassel herausgezogen“, betonte der Coach.
Besonders aufgewühlt nach einem dramatischen Rennverlauf war Jens Filbrich. Der Frankenhainer, gewöhnlich ein Muster an Zuverlässigkeit und Beständigkeit als Startläufer, büßte 30 Sekunden ein. „Bronze schimmert für mich wie Gold, weil die Medaille nach meinem Part eigentlich weg war“, sagte der Thüringer. „Vor zwei Tagen habe ich im Ziel gelegen und geheult, weil es im Teamsprint nicht geklappt hat. Heute habe ich wieder geheult, weil es geklappt hat. Hier auf dem Holmenkollen auf dem Podest zu stehen, ist einzigartig.“
Axel Teichmann (Bad Lobenstein) und besonders Franz Göring (Zella-Mehlis) schafften es mit unglaublichen Energieleistungen, die Lücke zu schließen. „Ich hatte noch nie so viele Schmerzen wie heute“, berichtete Göring, während Teichmann in sich gekehrt einen noch versöhnlichen persönlichen Saisonabschluss genoss. Der zweimalige Olympia-Zweite wird sich jetzt acht Wochen lang zurückziehen, erholen und dabei über seine Zukunft nachdenken. „Ich werde mit Freunden und Bekannten sprechen und mich dann entscheiden“, sagte Teichmann. Behle hatte extra die Marschrichtung ausgegeben, für den Thüringer zu laufen. „Ich werde auch mit ihm reden. Ich hoffe, dass ihm nach acht Wochen Bedenkzeit der Langlauf fehlen wird.“
Tobias Angerer (Vachendorf) war es vorbehalten, die Medaille zu sichern. Das tat er mit Routine und Cleverness sowie taktischem Geschick. „Man bekommt im Leben nur einmal die Chance, am Holmenkollen als Schlussläufer um die Medaillen zu laufen. Die Einstellung aller hat zu 110 Prozent gestimmt“, jubelte er und hofft nun auf eine Zugabe über 50 Kilometer. „Ich bin in absoluter Topform. Ich werde noch einmal angreifen“, versprach er.