Abschied einer Größe: Martin Schmitt hört auf

Willingen (dpa) - Im Blitzlichtgewitter zahlreicher Kameras verkündete Martin Schmitt mit einem entspannten Lächeln das Ende seiner großen Skisprung-Karriere, dann stellte er sich den diversen TV-Stationen zu einem letzten Interview-Marathon.

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Beim Abschied des Mannes mit der „lila Kappe“ gab es keine Tränen und kaum Wehmut. „Ich habe den Sport mit extremer Leidenschaft ausgeübt. Es war eine tolle Zeit. Ich bin stolz auf das Erreichte, aber jetzt ist das Ganze ausgereizt“, erklärte der 36-Jährige ohne Pathos in der Stimme. „Ich konnte mich lange genug auf diesen Tag einstellen. Es geht mir ganz gut dabei.“

Bei der Olympia-Generalprobe in Willingen wird sich Schmitt am Samstag in der Pause noch von seinen zahlreichen Fans verabschieden, um dann von der Bildfläche zu verschwinden. „Willingen war in meiner gesamten Karriere immer ein absolutes Highlight und ist daher der perfekte Rahmen. Es ist schön, das noch einmal miterleben zu dürfen. Wenn auch aus einer anderen Perspektive“, sagte Schmitt und kündigte an: „Danach will ich erst einmal Abstand gewinnen.“

Es wird einige Zeit dauern, bis er alles Revue passieren lässt. „Ich denke jetzt immer öfter zurück. An die großen Erfolge aus der Anfangszeit, aber auch an 2009. Das war eine spezielle Saison und eine Bestätigung für mich“, erzählte Schmitt. Vor fünf Jahren hatte er unter Bundestrainer Werner Schuster noch einmal ein Comeback in der Weltspitze gefeiert und sich mit WM-Silber belohnt. „Mir wird langsam bewusst, was ich alles erlebt habe“, sagte Schmitt.

Obwohl er seit dem 1. März 2002 nie wieder einen Sieg auf der großen Bühne errang, flogen ihm die Herzen der Fans bis zur letzten Landung beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen zu. „Ich wollte noch einmal zu Olympia, habe aber gesehen, dass es nicht mehr reicht. Es gibt keine Ziele mehr. Garmisch war ein runder Abschluss. Ich wollte mich mit diesem Eindruck verabschieden“, sagte er.

Im kollektiven Gedächtnis der Skisprung-Nation bleibt Schmitt für immer der sympathische Sportsmann, der mit seinen Erfolgen zwischen 1998 und 2002 einen nie dagewesenen und seither auch nie wieder erreichten Hype auslöste. 1999 wurde er in Ramsau Doppel-Weltmeister und dafür gleich zweimal zum „Sportler des Jahres“ gekürt - im Einzel und in der Mannschaft. Zwei Jahre später gab es in Lahti erneut zweimal WM-Gold.

2002 in Salt Lake City sicherte er, damals schon ein wenig im Schatten von Tournee-Triumphator Sven Hannawald, dem deutschen Team als Schlussspringer den Olympiasieg. Zweimal gewann er den Gesamt-Weltcup. 28 Weltcupsiege und fünf weitere WM-Medaillen stehen in seiner Erfolgsbilanz.

Die TV-Quoten schossen damals durch die Decke, an den Schanzen kreischten junge Mädchen Schmitts Namen und wünschten sich auf Plakaten: „Martin, ich will ein Kind von dir“. In seinem Heimatort Furtwangen wurde sogar eine Straße nach ihm benannt. All das hat ihn abseits der Schanze jedoch nie abheben lassen. Schmitt blieb stets der nette Kerl von nebenan, dem man auch sportliche Misserfolge verzieh.

Seit geraumer Zeit engagiert sich Schmitt, der bis Herbst 2015 ein Trainerstudium an der Sporthochschule Köln absolviert, intensiv für den Nachwuchs. Kein Wunder, dass der Deutsche Skiverband (DSV) an einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Sympathieträger stark interessiert ist. „Einem Ausnahmesportler mit diesem Charisma stehen die Türen beim DSV natürlich offen“, sagte Verbandspräsident Franz Steinle. „Wir werden gemeinsam die Zukunft besprechen, gegebenenfalls im Trainerbereich.“

Werner Schuster würdigte Schmitt als „großen und immer fairen Sportsmann“, der sich stets aufgeopfert habe. Und dann fand der Bundestrainer einen gelungenen Schlusssatz, mit dem er Millionen Fans aus dem Herzen sprach: „Danke Martin für die schöne Zeit.“