Freund fliegt zum zwölften Weltcupsieg - „unglaublich“
Willingen (dpa) - Severin Freund kauerte im Auslauf und blickte gebannt auf die Anzeigetafel, dann entlud sich die Anspannung in einem lauten Jubelschrei.
Mit einer grandiosen Flugshow hat der Skiflug-Weltmeister im Hexenkessel von Willingen den zwölften Weltcupsieg seiner Karriere gefeiert und knapp drei Wochen vor der WM eine klare Botschaft an die Konkurrenz gesendet. In einem ebenso hochklassigen wie dramatischen Wettbewerb verwies Freund den Norweger Rune Velta um einen Punkt auf Rang zwei und stellte danach überglücklich fest: „Das war ein absolut geiler Wettkampf. Jeder Sieg ist mega toll. Aber wenn man einen Heim-Weltcup gewinnt, ist es einfach unglaublich.“
Den starken Auftritt der deutschen Ski-Adler, die am Vortag im Teamwettbewerb den zweiten Platz hinter Slowenien belegt hatten, rundete Marinus Kraus als Achter ab. Nach 142,5 und 135,5 Metern bejubelte er sein bestes Saisonergebnis. „Er ist ein Lichtblick“, lobte Bundestrainer Werner Schuster. Markus Eisenbichler (13.) und Richard Freitag (15.) sprangen ebenfalls in die Top 15.
Schon im ersten Durchgang brachte Freund die mit 12 359 erneut gut gefüllte Arena zum Kochen. Trotz eines kleinen Fehlers beim Absprung segelte er auf 149,5 Meter. „Ich habe ewig gebraucht, bis ich in meinem System war. Aber dann ging's ab. Es war ein geiler Flug“, schilderte er den Versuch. Dafür gab es bereits zum dritten Mal in dieser Saison von einem Wertungsrichter die Haltungsnote 20. „Je mehr, desto besser“, stellte Freund erfreut fest.
Pünktlich zum Finale setzte dann dichtes Schneetreiben ein. Doch Freund ließ sich davon nicht beeindrucken. Nachdem der zur Halbzeit zweitplatzierte Vierschanzentourneesieger Stefan Kraft patzte, bewies der Bayer als Letzter auf dem Balken Nervenstärke und legte mit 146 Metern eine Punktlandung hin. „Rune hat ganz schön was vorgelegt. Schön, dass ich hier wieder ganz oben stehe“, sagte Freund.
Vor vier Jahren hatte er beim deutschen Kult-Weltcup, der mit insgesamt mehr als 35 000 Zuschauern wieder eine Top-Resonanz verzeichnete, schon einmal ganz oben gestanden. Dank des Erfolges schob sich Freund in der Gesamtwertung mit 913 Punkten auf Rang vier vor. Sein Rückstand auf Kraft, der Sechster wurde, beträgt nur noch 170 Punkte.
Schon nach seinem Gala-Auftritt im Teamwettbewerb hatte Freund trotz des knapp verpassten Sieg-Hattricks der deutschen Ski-Adler eine unmissverständliche Kampfansage an die Konkurrenz gerichtet. „Natürlich erwarten wir von uns bei der Weltmeisterschaft eine Medaille“, betonte er. „Wir haben einen breiten Kader, in dem alle was drauf haben. Das ist absoluter Luxus.“
Knapp drei Wochen vor der ersten WM-Entscheidung in Falun untermauerten die DSV-Springer um ihren überragenden Frontmann am Samstag mit Platz zwei hinter Slowenien ihre Ambitionen auf Edelmetall. „Wir wissen, dass Falun ein spezieller Wettkampf wird. Da werden die Karten neu gemischt. Deshalb sind die bisherigen Resultate keine Garantie. Aber natürlich wollen wir eine Medaille machen und sehen da auch ganz gute Chancen“, bekräftigte der Bundestrainer das Ziel.
Schuster ist in einer komfortablen Situation. Im dritten Teamwettbewerb der Saison schickte er zum dritten Mal eine andere Formation auf den Bakken, die wieder auf dem Podium landete. „Erster, Erster, Zweiter - das ist eine extrem gute Bilanz. Damit sind wir sehr, sehr zufrieden“, sagte Freund mit Blick auf die verheißungsvollen Ergebnisse im WM-Winter.
Unter dem lautstarken Jubel der knapp 15 000 Fans demonstrierte der Skiflug-Weltmeister mit blitzsauberen Flügen auf 140 und 145 Meter einmal mehr seine Weltklasse. „Zwei Sprünge auf derart hohem Niveau habe ich in dieser Saison noch nicht gesehen, obwohl er auch schon gewonnen hat. Das war fantastisch. Er hat den anderen Respekt eingeflößt. Er kann jeden packen“, lobte Schuster seine Nummer eins. 24 Stunden später lieferte Freund den Beweis dafür.