Skispringen Vierschanzentournee: Schuster hofft auf große Spannung

Oberstdorf · Vor und nach dem Jahreswechsel ist es für die Skispringer die gleiche Prozedur wie jedes Jahr: 19 Buchstaben, neun Tage, vier Schanzen – die 67. Auflage der Vierschanzentournee im Überblick.

Foto: dpa/Arne Dedert

Am Wochenende beginnt in Oberstdorf die Vierschanzentournee.

Durststrecke: Wer die Vierschanzentournee gewinnt, hat Legendenstatus – frage nach bei Sven Hannawald, der mit seinem Grand Slam, dem Triumph bei allen vier Springen der Tournee 2001/2002, Skisprung-Geschichte geschrieben hat. Die deutschen Fans warten nach wie vor auf Hannawalds Erben als Tourneesieger. „Deutschland und Norwegen warten am längsten auf einen Sieg“, hat Bundestrainer Werner Schuster dem TV-Sender Eurosport in einem Interview gesagt. „Deutschland noch etwas länger als Norwegen“, das seit Anders Jacobsens Gesamtsieg 2006/2007 wartet. Gut möglich, dass Werner Schuster (49) in seine letzte Tournee als Chefcoach des Deutschen Skiverbandes (DSV) geht: „Die Frage ist: Wie viel Energie habe ich noch?“ Gut möglich, dass der erfolgsverwöhnte Österreicher beim DSV unvollendet bleibt, der Gesamtsieg eines seiner Athleten bei der Tournee wieder nicht klappt: Die Adler mit den großen Namen kämpfen um den Anschluss (Severin Freund, Richard Freitag und Andreas Wellinger), den überraschend starken Karl Geiger (Sieger beim ersten der beiden Weltcups Mitte Dezember in Engelberg) und Stephan Leyhe (Zweiter beim Weltcup-Auftakt in Wisla) dürfte es beim Nervenkitzel Tournee noch an Konstanz fehlen. Schaun mer mal.

Überflieger: Geht es bei der Tournee von Samstag an in der Qualifikation von Oberstdorf (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport) so weiter wie der Weltcup begonnen hat, dann gewinnt Ryoyu Kobayashi die Tournee. Der 22 Jahre alte Japaner hat vier der bisherigen sieben Weltcups für sich entschieden, stand sechs Mal auf dem Podest. Aber da ist ja noch Kamil Stoch. Der Pole, der im Vorjahr Hannawalds Grand Slam grandios wiederholte, könnte mit seinem dritten Gesamterfolg zu Björn Wirkola aufschließen. Der Norweger hatte 1966/67 bis 1969/70 als bisher einziger drei Tournee-Triumphe aneinandergereiht. Kurz und gut: Kamil Stoch weiß, wie man gewinnt (siehe Text unten). Im Gesamtweltcup liegt der 31-Jährige derzeit aber hinter Landsmann Piotr Zyla auf Platz drei.

Multikulti: Glaubt man Werner Schuster, könnte alles ganz anders kommen. Die 67. Tournee könne „so spannend werden wie lange nicht mehr“. Der Bundestrainer hat auch noch „einige Springer aus Norwegen und Österreich“ auf dem Zettel. Doch gerade seine Landsleute enttäuschten bisher total: Stefan Kraft und Co. bringen es in den bisherigen sieben Weltcup-Springen tatsächlich nur auf fünf Top-Zehn-Ergebnisse. Fakt ist, dass die Skisprungwelt bunter geworden ist: Ja, Kamil Stoch hat vergangenen Winter alle vier Tourneespringen gewonnen. Dennoch gab es in den insgesamt 22 Einzelwettbewerben der Saison elf verschiedene Sieger. Zum Vergleich: Im Winter mit Hannawalds Vierling vor 17 Jahren waren es ebenfalls 22 Springen, die von acht Athleten gewonnen worden. Interessant: Beim jüngsten Springen am 16. Dezember in Engelberg waren Athleten aus sieben Nationen unter den besten Zehn – darunter übrigens drei Polen und zwei Deutsche. „Das Beste für den Sport ist, wenn man nie weiß, wie es ausgeht“, hat Alexander Stöckl, der Trainer der Norweger, in Engelberg gesagt.

Einblendungen: Bei der 67. Tournee könnte erstmals das Geheimnis des perfekten Sprunges gelüftet werden. Zwar springen die Luftikusse schon seit einem Jahr mit einem Sensor in einem roten Döschen auf den Skiern – die Daten helfen Springern und Trainern bei der Arbeit. Doch jetzt kommt die Sensortechnik für die Zuschauer auf den TV-Bildschirm: Gezeigt werden die Anfahrtsgeschwindigkeit, das Tempo nach 20 Metern Flug und die Geschwindigkeit, mit der ein Athlet landet. „Für uns ist das eine Revolution“, sagt Alexander Stöckl.

Preisgeld: Die Quotenstars, die nicht nur den Zuschauern vor den TV-Geräten die Zeit zwischen den Jahren verkürzen, sind unterbezahlt. Wie bei jedem anderen Weltcup gibt es vom Weltverband Fis Preisgeld für die besten 30 – der Sieger bekommt 10 000 Schweizer Franken (8840 Euro). Der Gesamtsieger erhält 20 000 Franken extra, was vergleichsweise überschaubar ist. Ja, der goldene Adler für den Tourneesieg ist eine Art Trostpreis. Immerhin: Wer die Qualifikation gewinnt, bekommt diesmal 5000 Euro – vor einem Jahr waren es 2000.

(lm)