Skispringen bei Plusgraden: Auftakt dank Technik gesichert
Klingenthal (dpa) - Wenn die deutschen Ski-Adler um Weltmeister Severin Freund an diesem Wochenende die Schanzen-Jagd nach Metern und Punkten eröffnen, fragt sich der Fan mit Blick auf das Thermometer: Skispringen ohne Schnee - wie geht denn das?
Die Antwort lautet: Dank der „Snowfactory“.
Weil der Winter in Mitteleuropa nicht zum ersten Mal länger auf sich wartenlässt, hat der Deutsche Skiverband (DSV) eine sechsstellige Summe investiert und von einer Firma aus Südtirol zwei Schnee produzierende Geräte gleichen Namens gekauft. Diese werden nun an die deutschen Weltcup-Veranstalter vermietet.
Erste Nutznießer sind die Veranstalter im Vogtland, wo die Technik mehrere Wochen lang selbst bei frühlingshaften Temperaturen von 15 Grad auf Hochtouren lief. Insgesamt wurden 3000 Kubikmeter Schnee produziert, damit Freund & Co. beim Saisonstart beste Bedingungen vorfinden.
„Auch in diesem Jahr ist es wieder äußerst beeindruckend, angesichts der spätherbstlich warmen Temperaturen der letzten Wochen eine schneebelegte Schanze in Mitteleuropa zu sehen“, lobt Bundestrainer Werner Schuster. „Die Veranstalter haben erneut unter Beweis gestellt, dass ein Auftakt in Deutschland auch unter diesen Bedingungen möglich ist.“
Aufgrund des milden Klimas wird sich die Anschaffung der Technik für den DSV gewiss amortisieren. Nächster Einsatz für die „Snowfactory“ ist die Arena „AufSchalke“, wo drei Tage vor Silvester die Biathleten im Einsatz sind. Auch die Veranstalter des für Anfang Januar terminierten Skisprung-Weltcups in Willingen haben sich schon ausführlich über die Technik informiert, ohne die ein Saisonstart zu diesem frühen Zeitpunkt in Deutschland gar nicht möglich wäre.
Schon in den vergangenen Jahren hatten die Klingenthaler einen großen Aufwand betreiben müssen, um die Schanze mit dem kostbaren Weiß belegen zu können. 2013 wurde der Schnee bereits im Frühjahr produziert und dann sechs Monate lang unter Sägespänen gelagert. Im Vorjahr kam ein finnisches System zur Anwendung.
Nun also italienisches Know-how. Mit Hilfe eines integrierten Kühlsystems, das bereits zur Betonproduktion in Wüstenstaaten zum Einsatz kam, wurde das „weiße Gold“ produziert. Markus Stark, Vizepräsident des VSC Klingenthal, beschreibt den Prozess so: „Der Schnee wird in Form etwa Daumennagel großer Eiskristalle aus den Kühlcontainern heraus in den Schanzenauslauf geschossen. Die wärmeren Temperaturen tun der Konsistenz dabei sogar gut, da sich die Schneekristalle durch leichtes antauen weiter verdichten.“
Chemikalien oder Salz kommen dabei übrigens nicht zum Einsatz, was die Veranstalter für einen PR-Gag der besonderen Art nutzen. Ein Bäckermeister aus der Region wird „Weltcupschnee mit Vanillegeschmack“ anbieten, garniert mit gebrannten Mandeln.
„Die Nachfrage nach unserem Weltcup-Schnee ist schon immer riesig. Auf diese Weise können nun endlich alle Skisprung-Fans einen Teil abbekommen“, sagt Organisationschef Alexander Ziron. Der Clou könnte beim Einzelspringen am Sonntag folgen. Dann soll laut Vorhersage der Wetterfrösche sogar echter Schnee vom Himmel fallen.