Trainer Schuster: „Wir wollen um den Sieg springen“
Oberstdorf (dpa) - Fragen an Skisprung-Bundestrainer Werner Schuster vor der 63. Vierschanzentournee.
Welche Erwartungen haben Sie vor dem ersten Höhepunkt des WM-Winters?
Werner Schuster: Es ist definitiv das Ziel, bei der Tournee richtig anzugreifen. Wir wollen um den Sieg springen. Es nagt ein bisschen an uns, dass wir das noch nicht hingekriegt haben. Die Zeit war bislang noch nicht reif. Wir haben uns immer nach bestem Wissen und Gewissen vorbereitet, hatten mal ein paar ganz gute Anläufe, aber konnten das noch nie durchziehen. Es ist mir auch ein persönliches Anliegen, die Veranstaltung gut zu absolvieren und vielleicht mal zu gewinnen - oder um den Sieg zu springen. Mit einem guten Start sollten wir auch mal auf diese Welle springen und nicht mehr untergehen.
Wer ist ihr Trumpf-Ass?
Schuster: Severin Freund. Grundsätzlich habe ich das Gefühl, wie er so tickt, wie er so denkt übers Springen, was er so spürt, hat er echt die Form, um wirklich um den Tourneesieg zu springen. Das kann er schaffen, davon bin ich überzeugt.
Er war in den vergangenen zwei Jahren immer der Frontmann, hat das bei der Tournee aber nicht rüberbringen können. Haben Sie in der Vorbereitung etwas verändert?
Schuster: Ich habe nicht das Gefühl gehabt, dass wir irgendetwas falsch gemacht haben, wo man sagt: Um Gottes Willen, mit dieser Vorbereitung kann man bei der Tournee nichts reißen. So einen radikal groben Fehler habe ich weder in der Vorbereitung noch im Coaching erkannt. Aber manchmal entscheiden Kleinigkeiten; kleine Rädchen, an denen man drehen kann. Wir haben heuer ein Training in Garmisch eingestreut, diesen Wechsel von Oberstdorf aktiver angesteuert. Und er hat sich mental längerfristig darauf eingestellt, dass er in dieser Phase wirklich die Höchstleistung bringen kann.
Wer ist Favorit?
Schuster: Roman Koudelka hat schon gewonnen, Simon Ammann, Noriaki Kasai, Anders Fannemel, Gregor Schlierenzauer und Severin Freund auch. Dazu kommen Michael Hayböck und Peter Prevc - da sind richtige Klassetypen vorne. Die matchen sich auf höchstem Niveau, und aus dieser Gruppe wird auch der Tourneesieger kommen. Der Einzige, der das ins Wanken bringen kann, ist Richard Freitag.
Der mit Platz eins und fünf beim Weltcup in Engelberg ja eine erfolgreiche Generalprobe hatte.
Schuster: Insgesamt war das nicht so überraschend, wenn man jetzt länger zurückblickt. Er hat einen sehr guten Sommer gehabt, ist einer unserer absoluten Topspringer. Der kann alle ärgern. Es war nicht so entscheidend, dass er gewonnen hat. Das Entscheidende ist dieser Glaube - die Mühen haben sich gelohnt, ich kann alle schlagen, ich kann aus eigener Kraft ganz nach vorne. Das ist für einen Sportler so wichtig.
Rechnen Sie auch mit Doppel-Olympiasieger Kamil Stoch, der nach einer Sprunggelenkoperation zurückkehrt?
Schuster: Nein, mit ihm rechne ich nicht. Das wäre ein Wunder. Stoch ist ein grandioser Sportler, aber ohne Vorbereitung. Das würde ich schon als große Überraschung einstufen, wenn er jetzt die Gesamt-Tournee gewinnt.