Tischtennis WM in Gefahr: Ovtcharov muss bei German Open aufgeben
Bremen (dpa) - Fünf Wochen vor dem Beginn der Mannschafts-WM in Schweden hat das zuletzt so erfolgsverwöhnte deutsche Tischtennis einen schweren Rückschlag hinnehmen müssen.
Bei den German Open in Bremen gab der Weltranglisten-Dritte Dimitrij Ovtcharov sein Erstrunden-Spiel gegen seinen Nationalmannschafts-Kollegen Patrick Franziska wegen einer Hüftverletzung auf. „Ich werde jetzt so lange pausieren, bis es wieder geht“, sagte Ovtcharov nach dem Spiel. „Und ich habe kein Ahnung, wie lange das dauert. Vielleicht bin ich in drei Wochen wieder fit, vielleicht erst in drei Monaten.“
Ob der 29-Jährige überhaupt mit zur WM vom 29. April bis 6. Mai nach Halmstad fahren kann, ist offen. Sicher ist aber schon jetzt, dass sich die noch zu Beginn des Jahres historisch guten Aussichten des deutschen Teams durch Ovtcharovs Verletzung erheblich verschlechtert haben. Auf dem Papier ist die Mannschaft von Bundestrainer Jörg Roßkopf mit dem Weltranglisten-Ersten Timo Boll und dem Weltranglisten-Dritten Ovtcharov so gut besetzt wie noch nie in der Geschichte des deutschen Tischtennis. Alle Beteiligten wissen jedoch auch, dass diese Mannschaft beide Topstars in Bestform braucht, um bei der WM eine Chance gegen die Chinesen und Japaner zu haben.
Von der Form der vergangenen Monate, als erst Ovtcharov und danach Boll die Spitze der Weltrangliste übernahmen, sind die Deutschen zurzeit unterschiedlich weit entfernt. Und das obwohl der 37 Jahre alte Boll sein Auftaktmatch bei den German Open gegen den Südkoreaner An Jaehyun mit 4:0 Sätzen gewann und am Abend auch die deutsche Nummer drei Ruwen Filus den 14-jährigen Junioren-Weltmeister Tomokazu Harimoto aus Japan in 4:2 Sätzen aus dem Turnier warf.
Ovtcharov aber plagt sich mit seiner Hüftverletzung schon länger herum. Schon beim Team World Cup in London musste er im Februar aufgeben. Seitdem hat er seine Teilnahme an den Katar Open und den deutschen Meisterschaften abgesagt und nur ein Match in der Champions League für seinen russischen Verein Fakel Orenburg bestritten.
„Es ist zwar etwas besser geworden seit dem World Team Cup. Aber es ist klar zu sehen, dass ich im Moment keine Wettkämpfe bestreiten kann“, sagte er. Seine Ärzte hätten ihm vor den German Open gesagt: „Ich soll es probieren“, erzählte Ovtcharov weiter. „Aber ich habe während des Matches festgestellt, dass es keinen Sinn macht.“
Nach Angaben des Weltverbandes ITTF hat der 29-Jährige nach diesem Erstrunden-Aus auch keine Chance mehr, von April an wieder die Nummer eins der Weltrangliste zu werden. Boll wird seine Spitzenposition dann an den in Bremen fehlenden Chinesen Fan Zhendong verlieren.
In seinen eigenen Formproblemen und in Ovtcharovs Verletzung sieht Boll eine Folge ihrer Siegesserien in der zweiten Jahreshälfte 2017. „Das ist vielleicht der Tribut der Erfolge im vergangenen Jahr. Dima hat es wirklich erwischt“, sagte der Routinier in Bremen.
So gewann Ovtcharov in den vergangenen Monaten unter anderem den World Cup, die China Open und die German Open 2017, während Boll beim europäischen Top-16-Turnier und in der neuen Asien-Pazifik-Liga T2 triumphierte. Beide hatten dadurch kaum Erholungsphasen. Bei Ovtcharov wirkte sich das nun in Form einer Verletzung aus. Boll wiederum sah sich gezwungen, Anfang 2018 eine Pause zu nehmen, die mit der Vorbereitung auf die Team-Weltmeisterschaft kollidierte.
„Mit Blick auf die WM wird es jetzt schon eng mit der Zeit“, sagte der Rekord-Europameister. Boll könnte in Bremen bereits am Samstagabend im Viertelfinale auf den Weltmeister und Olympiasieger Ma Long aus China treffen. Ovtcharov-Bezwinger Franziska spielt zunächst im Achtelfinale gegen den Portugiesen Marcos Freitas.