WM mit „richtigen Knallern“ - Biedermann & Co. heiß
Kasan (dpa) - Als der Chefbundestrainer mit den Zielen, Vorgaben und letzten Lageberichten fertig war, gab es von einem Schwimmer-Trio in der hintersten Reihe Applaus.
Äußerlich zeigten sich Paul Biedermann & Co. noch gelöst, innerlich brennen aber alle im Team um den Weltjahresbesten auf die ersehnten WM-Starts. „Nach den Freiwasserschwimmern oder den Springern möchte man jetzt endlich selber ins Wettkampfgeschehen einsteigen“, erklärte Biedermann, der Doppel-Weltmeister von 2009, vor seiner voraussichtlich letzten WM. Am Sonntag geht es für ihn zunächst mit der Staffel über 4 x 100 Meter Freistil los.
Ein Jahr vor Olympia ist Biedermann, der noch mit Bart zur Team-Pressekonferenz erschien, neben Europameister Marco Koch und Schmetterlings-Ass Franziska Hentke die größte deutsche Medaillenhoffnung der Titelkämpfe in Kasan. Mit zwei- bis viermal Edelmetall sollen sich die deutschen Beckenschwimmer dekorieren, dazu sollen etwa ein Drittel der Starter die Zeiten von den deutschen Meisterschaften verbessern.
„Das Team ist entscheidend“, erklärte Chefcoach Henning Lambertz am Freitag im Teamhotel Shalyapin Palace. Vor zwei Jahren glückte das Zeitverbesserungsvorhaben nur bei 7 von 41 Einzelstarts - anvisiert waren damals 60 bis 70 Prozent. In Kasan sollen zudem möglichst viele Staffeln Olympia-Plätze buchen, ein Top-12-Rang ist dazu gefordert.
Auf dem steinigen Weg bis 2020 in den Bereich der Weltspitze sind mannschaftliche Fortschritte zwar wichtiger als einzelne Medaillenhighlights. Aber nach der Olympia-Pleite 2012, der WM-Ernüchterung 2013 und EM-Lichtblicken 2014 ist die öffentliche Strahlkraft herausragender Weltklasse-Leistungen erst recht weitaus größer als reihenweise persönliche Bestzeiten jenseits der Top-Ränge. „Das dauert eben zwei Olympiaden und die Geduld muss man einfach aufbringen“, betonte Lambertz.
Ein Jahr vor den Sommerspielen fehlt zwar der vom US-Verband wegen seiner Alkoholautofahrt nicht nominierte Michael Phelps, aber die Teamkollegen Ryan Lochte, Missy Franklin oder Katie Ledecky sorgen neben weiteren internationalen Größen wie China-Topmann Sun Yang für reichlich schwimmerisches Star-Potenzial bei einem der größten Ereignisse des vorolympischen Sportjahres. „Ich glaube, dass einige die WM noch einmal als richtigen Knaller nehmen, um zu sehen, was so geht. Andere nehmen die WM als Zwischenstopp“, erklärte Hentke, Weltjahresbeste über 200 Meter Schmetterling.
Die Erfolge ihrer Magdeburger Trainingskollegen im Freiwasser freuten Hentke. „Das pusht natürlich. Wenn man weiß, dass die anderen sehr gut drauf sind, ist stark anzunehmen, dass man nicht viel falsch gemacht hat“, erklärte Hentke. Weltjahresbestzeiten, da sind sich Hentke und Biedermann einig, seien aber nur eine „Momentaufnahme“. Für die WM-Entscheidungen hätten diese keine Aussagekraft.
Auf drei Flipcharts in Lobby und Meetingraum sind groß die drei Medaillenerfolge der Freiwasserschwimmer aufgelistet, jetzt sollen die Beckensportler nachlegen. „Die Beckenschwimmer sind der große Bruder vom Freiwasserschwimmen von der Personenzahl“, sagte Lambertz und blickte auf deren Gold-Silber-Bronze-Medaillensatz. „Der kleine Bruder war sehr erfolgreich und gut unterwegs.“ Jetzt soll der große folgen.