Texthelden Die Suche nach der Antwort auf die Frage „Warum ich?“

Krefeld · „Warum ich?“ – Seltsamerweise ist das die Frage, die die meisten Menschen anscheinend den Großteil der Zeit in meinem Kopf vermuten. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich sagen, dass in diesem Kopf eine Menge mehr vor sich geht als die Frage nach dem ewigen Warum?.

Zeichnung von Melissa, Kl. 10, Christophorusschule Krefeld

Foto: WZ/Melissa

Ich bin Hannah, 15 Jahre alt, und habe seit einiger Zeit die Diagnose Lymphknotenkrebs. Mir gehen ganz andere Fragen durch den Kopf: Wie wird sich mein Leben verändern? Wie werde ich mich selbst verändern? Wie überstehe ich die Therapie am besten?

Niemand kann leugnen, dass eine solche Diagnose ein riesiger Schock ist. Zunächst weiß man gar nicht, wie man damit umgehen soll. Das ging mir am Anfang auch so. Denn zu einer Chemotherapie gehört weit mehr als tagelange Krankenhausaufenthalte, während denen man sich häufig ziemlich schlecht fühlt, und der Verlust der Haare. Man wird völlig aus dem gewohnten Lebensablauf gerissen. Für mich war es besonders schwierig, nicht mehr wie gewohnt zur Schule zu gehen und meine beinahe hüftlangen Haare zu verlieren.

Was viele im ersten Moment nicht bedenken: Auch die Angehörigen und Freunde leiden häufig genauso wie die Betroffenen selbst.

Ein gutes Beispiel dafür ist ein Eisberg. Eisbergen wird nachgesagt, dass gerade mal ein Drittel ihrer Masse oberhalb des Meeresspiegels zu erkennen ist. Die anderen zwei Drittel liegen unterhalb und sind demnach auch nur zu erahnen. Ebenso ist es mit dem, was im Kopf eines Betroffenen oder auch Angehörigen eines krebskranken Menschen vor sich geht. Das, was unterhalb unsichtbar und verborgen liegt, sind Gedanken und Gefühle, die man nicht vor jedem preisgeben kann und will. Doch was sich gezwungenermaßen immer zeigt, ist das Drittel an der Wasseroberfläche: das Verhalten.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es vor allem unter Einfluss von Medikamenten häufig schwierig ist, sich vollkommen im Griff zu haben.

Wichtig ist nur: Man sollte immer Menschen um sich haben, die damit umgehen können, das Schicksal kennen und immer da sind, wenn man sie wirklich einmal ganz, ganz dringend braucht. Ich bin mir sicher, dass niemand von sich behaupten kann, so was alleine durchstehen zu können. Sobald man in irgendeiner Form das Gefühl bekommt, mit seinen neuen Macken irgendwo immer verstanden zu sein, ist es so viel leichter. Denn nicht nur der Körper verändert sich, sondern auch das Denken und Handeln werden sich zwangsläufig verändern, wenn einem schlagartig bewusst wird, dass jeder Tag im Leben, ob gesund oder nicht, der letzte sein könnte.

Also ist es, glaube ich, ein mehr als guter Anfang, nach vorne zu schauen, zu kämpfen und sich ein Ziel zu setzen, das man niemals aus den Augen verlieren sollte. Denn egal, wie schlecht der Tag vielleicht begonnen hat: Am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es auch noch nicht das Ende!