25 Stunden und 5 Minuten - Obama erstmals als US-Präsident in Berlin

Berlin (dpa) - Für seinen ersten offiziellen Besuch in Berlin hat sich Barack Obama relativ viel Zeit gelassen - so viel wie kein anderer US-Präsident der jüngeren Geschichte. Für die deutsche Hauptstadt wird es der wichtigste Besuch des Jahres.

Wie sieht das Programm aus?

Auftakt am Dienstagabend um 20.25 Uhr, mit der Landung der „Air Force One“ auf dem militärischen Teil des Flughafens Tegel. Abends kein offizielles Programm mehr. Dafür ist der Mittwoch voll mit Terminen: militärische Ehren in Schloss Bellevue, dann Gespräch, Pressekonferenz und Mittagessen unter vier Augen mit Angela Merkel. Kurze Pause, zentrale Rede vor mehr als 4000 geladenen Gästen am Brandenburger Tor. Dann noch ein Treffen mit SPD-Kandidat Peer Steinbrück und festliches Abendessen in der Orangerie von Schloss Charlottenburg. Schließlich Nachtflug zurück nach Washington. Reine Berlin-Zeit, alles in allem: 25 Stunden und 5 Minuten.

Warum hat Obama so lange mit diesem Besuch gewartet?

Eingeladen wurde er von Merkel schon mehrfach. Nach dem Ärger um seinen Wahlkampfauftritt im Juni 2008 - er wollte bereits damals vors „Brandenburg Gate“, sie war strikt dagegen - stellte sich der US-Präsident jedoch erst einmal taub. Im Unterschied zu all seinen Vorgängern seit John F. Kennedy kam er in der ersten Amtszeit überhaupt nicht. Sogar bei der 20-Jahr-Feier zum Fall der Mauer blieb Obama in Washington. Nach der Wiederwahl im vergangenen November war jedoch klar, dass es nicht mehr allzu lange dauern würde.

Was sind die wichtigsten Themen?

Obama ist fast auf den Tag genau 50 Jahre nach Kennedys legendärer „Ich bin ein Berliner“-Rede in der Stadt. Deshalb wird er es sich vor dem Brandenburger Tor nicht nehmen lassen, etwas grundsätzlicher zu werden. Vermutlich nimmt er auch zu den geänderten Machtverhältnissen in der Weltpolitik Stellung. Ansonsten geht es um alle aktuellen Aufmerksamkeitserreger (Türkei, Syrien, Afghanistan, Iran etc.), das Internet-Spähprogramm „Prism“ sowie die geplante Freihandelszone von EU und USA. All das war auch schon Thema beim G8-Gipfel.

Wie lange wird solch ein Staatsbesuch vorbereitet?

Falsche Frage. Es ist kein Staatsbesuch. Obama ist zwar Staatsoberhaupt, hält sich aber nur zu einem offiziellen Arbeitsbesuch in Berlin auf. Im vergangenen Jahr gab es mehr als zwei Dutzend solche Besuche. Offiziell bestätigt ist der Aufenthalt erst seit Mai. Aber hinter den Kulissen wird daran schon seit Monaten gearbeitet. Zuständig auf deutscher Seite: das Kanzleramt, die Protokoll-Abteilung des Auswärtigen Amts und die Polizei.

Wo übernachtet Obama?

Der US-Präsident schläft nicht im „Adlon“ am Brandenburger Tor, wo Staatsoberhäupter üblicherweise nächtigen, sondern im „Ritz Carlton“ am Potsdamer Platz - selbstverständlich in der Präsidentensuite. Er kennt das Fünf-Sterne-Hotel von früher: 2008 lief er dort im Fitnessraum einer Boulevard-Reporterin über den Weg.

Bleibt Zeit für Privates?

Eher nicht - auch wenn Obama dieses Mal Ehefrau Michelle und auch die beiden Töchter Malia und Sasha dabei hat. Für die drei gibt es ein Kinder- und Damenprogramm mit Besuchen an den letzten Resten der Mauer und am Stelenfeld zur Erinnerung an die Opfer des Holocaust. Am Mittwochabend, wenn die Eltern beim feierlichen Abendessen (von Sternekoch Tim Raue) sind, dürfen die Kinder angeblich ins Kino. Zudem trifft Obama auch seine ältere Halbschwester Auma, die in Deutschland studiert hat.

Wie wird Obama geschützt?

Es gilt die höchste Sicherheitsstufe überhaupt: 1+. Mehr geht nicht in Berlin. Die Polizei empfiehlt, die gesamte Innenstadt weiträumig zu umfahren. Von deutscher Seite werden bis zu 8000 Polizisten im Einsatz sein. Die Amerikaner reisen mit dem Secret Service an. Der US-Präsident hat sogar sein eigenes Auto dabei, eine gepanzerte Cadillac-Limousine. Spitzname: „The Beast“ („Die Bestie“).

Was kostet der Besuch?

Genau weiß das noch niemand. Aber die Kosten gehen mit Sicherheit in die Millionen. Bekannt sind einige Details: Die Beflaggung des Brandenburger Tors schlägt bei solchen Gelegenheiten mit 360 Euro zu Buche, der Eintrag ins Goldene Buch mit 300 Euro. Fürs Hotel gilt die Regel „Eins plus zehn“. Bedeutet: Die deutsche Staatskasse übernimmt im „Ritz Carlton“ die Kosten für Obamas Präsidentensuite und zehn weitere Gäste. In der Regel gibt es dabei auch Rabatt. Ist aber unbedeutend im Vergleich zu dem, was der Rest kostet.

Was bedeutet das Ganze für die Bundestagswahl?

Knapp 100 Tage vor der Wahl ist ein Termin mit dem Mann, der die letzten Jahre der Lieblingspolitiker der Deutschen war, sehr begehrt. Allerdings steht Obama auch unter massiver Kritik, etwa wegen des Internet-Spähprogramms „Prism“. Im Vergleich zu Steinbrück ist Merkel klar im Vorteil: Die gemeinsamen Auftritte im Kanzleramt und vor dem Brandenburger Tor machen mehr her als eine Fotogelegenheit auf dem Flur. Aber es gilt auch: Am 22. September dürfte niemand seine Wahl davon abhängig machen, wer von den beiden besser mit Obama kann.