Agenten, Rebellen und Sturmgewehre in Libyen

Berlin (dpa) - Fotos und Fernsehbilder aus Tripolis brachten es an den Tag: Libysche Rebellen haben eine große Anzahl von G36- Sturmgewehren aus deutscher Produktion erbeutet. Angeblich sind ihnen die Waffen beim Sturm auf die Residenz von Diktator Muammar al-Gaddafi in die Hände gefallen.

Aber wie sind die Gewehre nach Libyen gekommen? Sowohl der Hersteller Heckler und Koch als auch die Bundesregierung sagen, die G36 seien nicht nach Libyen exportiert worden - jedenfalls nicht offiziell.

Hat Deutschland das Gaddafi-Regime mit Waffen unterstützt?

Über viele Jahre. Erst nach Beginn des Aufstandes in Libyen haben die 27 EU-Staaten den Export von Waffen nach Libyen gestoppt. Zuvor hatte Gaddafi von der EU jedes Jahr Waffen im Wert von mehreren hundert Millionen Euro geliefert bekommen. Allein 2009 waren Exporte im Wert von 344 Millionen Euro genehmigt. Deutschland stand dabei mit 53 Millionen Euro an dritter Stelle - hinter Italien (112 Millionen) und Malta (80 Millionen). Weltweit ist Deutschland nach Angaben des Sipri-Instituts der drittgrößte Waffenexporteur. 2009 betrug der Wert der Exporte 1,3 Milliarden Euro

Wo kommen die Gewehre her?

Die Sturmgewehre stammen aus der Produktion des Jahres 2003. Die Anzahl ist nicht bekannt - von einem Dutzend bis zu mehreren 100 ist die Rede. Herstellerstempel und die sogenannte Beschussmarke bestätigen angeblich, dass sie aus der deutschen Produktion des Herstellers im Schwarzwald stammen. Die eigentlichen Gewehrnummern sind aber herausgefräst worden. Es gibt Vermutungen, wonach die G36 bei Gaddafis Leibgarde im Einsatz waren. Der Grünen- Abgeordnete Christian Ströbele fragt die Bundesregierung, inwieweit der Bundesnachrichtendienst oder andere Stellen daran mitgewirkt oder Kenntnis davon hatten.

Wie ist die Rechtslage?

Das Kriegswaffenkontrollgesetz von 1961 regelt die Produktion und Auslieferung von Rüstungsgütern im Inland. Der Export wird durch das Außenwirtschaftsgesetz geregelt. Hersteller und Bundesregierung sagen, eine demnach notwendige Ausfuhrgenehmigung nach Libyen sei nicht erteilt worden. Möglich ist, dass die Gewehre in eine anderes Land, etwa in die Nato-Partnerländer Spanien oder Frankreich exportiert worden sind. Dann wäre der Weiterexport nach Libyen aber ein Verstoß gegen die sogenannte Endverbleibsklausel, wonach der endgültige Bestimmungsort der Waffen beim Genehmigungsantrag angegeben werden muss.

Was genau ist das Sturmgewehr G36? Die Bundeswehr nutzt das G36 seit 1997. Das Gewehr besteht größtenteils aus schwarzem Kunststoff. Es ist leicht zu zerlegen und wieder zusammenzubauen und hat nach Bundeswehr-Angaben eine „gute Schussgenauigkeit“ auf bis zu 800 Meter. Die Feuergeschwindigkeit wird mit 750 Schuss pro Minute angegeben. Bei den in Libyen aufgetauchten G36-Sturmgewehren handelt es sich um einen besonderen Typ mit verkürztem Lauf, der von Spezialeinheiten genutzt wird.