Aktuelle Flüchtlingsbrennpunkte in Europa
Berlin (dpa) - Hunderttausende Menschen aus Bürgerkriegsländern oder vom Balkan wollen nach Deutschland und in andere Staaten im Westen und Norden Europas.
Viele nehmen in der Hoffnung auf ein besseres Leben wochen- oder monatelange Strapazen auf sich und werden in etlichen Ländern nicht immer menschenwürdig behandelt. Aktuelle Brennpunkte in Europa:
GRIECHENLAND
Die Ägäis-Inseln Kos und Lesbos stehen in dem Euro-Krisenland im Mittelpunkt des Flüchtlingsdramas. Täglich gelangen Hunderte Menschen aus Bürgerkriegsländern wie Syrien oder Afghanistan über die Türkei mit Schlauchbooten auf griechisches Territorium. Auf Kos war die Lage wegen fehlender Unterkünfte, Lebensmittel und überforderter Behörden zuletzt dramatisch, hat sich nun aber etwas entspannt. Seit Sonntag werden Flüchtlinge provisorisch auf einer Fähre untergebracht, die im Hafen der Inselhauptstadt vor Anker gegangen war. Auf Lesbos warten Hunderte Flüchtlinge darauf, mit Schiffen auf das griechische Festland zu fahren. Sie wurden bereits registriert und dürfen die Insel daher verlassen. Auf dem Höhepunkt der Reisesaison sind die planmäßigen Fähren jedoch größtenteils ausgebucht.
MAZEDONIEN/SERBIEN
In der mazedonischen Grenzstadt Gevgelija zu Griechenland und der serbischen Grenzstadt Presevo zu Mazedonien herrscht blankes Chaos. In Gevgelija treffen im Moment täglich wenigstens 2000 Flüchtlinge ein. Sie wollen weiter Richtung Serbien und drängen - auch durch offene Fenster - in die Züge. In Presevo sollen die ebenfalls rund 2000 Flüchtlinge täglich eigentlich durch ein „Aufnahmezentrum“ geschleust werden. Dort werden sie erkennungsdienstlich behandelt, medizinisch notversorgt und registriert. Sie sollen dann ein Papier erhalten, mit dem sie sich 72 Stunden legal in Serbien aufhalten können. Wegen des großen Ansturms kann das „Zentrum“ nur wenig ausrichten. Die Masse der Flüchtlinge erscheint dort erst gar nicht, sondern macht sich weiter auf den Weg in Richtung Ungarn.
SERBIEN/UNGARN
In der nordserbischen Kleinstadt Kanjiza, gut drei Kilometer von der Grenze nach Ungarn entfernt, treffen völlig unorganisiert jeden Tag bis zu 2000 Flüchtlinge aus Richtung Belgrad oder dem nahe gelegenen Subotica ein. Sie campieren in innerstädtischen Parks oder neuerdings in einem Lager mit Duschen, Toiletten, Zelten, Wechselstuben und Taxiständen am Stadtrand, um sich in der Nacht zu Fuß illegal nach Ungarn durchzuschlagen. Seit Anfang August baut Ungarn jedoch einen 175 Kilometer langen Grenzzaun, der bisher nur aus Stacheldraht mit rasiermesserscharfen Schneiden besteht. Auf serbischer Seite hat sich nach Angaben der lokalen Grenzpolizei inzwischen ein Markt für Drahtscheren entwickelt. In der vergangenen Woche war es auf diese Weise 18 Flüchtlingen gelungen, den Zaun zu überwinden. Sie wurden aber geschnappt und wieder nach Serbien zurückgeschickt.
MITTELMEER/ITALIEN
Die Lage vor der libyschen Küste im Mittelmeer ist kritisch. Wegen des guten Wetters starten täglich Flüchtlinge die gefährliche Überfahrt von Libyen nach Italien. Erst am Wochenende kamen wieder Dutzende Menschen in einem Fischerboot ums Leben - sie erstickten vermutlich im Laderaum. Anfang August ertranken wahrscheinlich rund 200 Migranten, als ihr Boot kenterte. Italiens Marine und Schiffe anderer Staaten, darunter der Bundesmarine, sind im Dauereinsatz. Fast täglich bringen sie Hunderte Flüchtlinge an Land. Seit Beginn des Jahres kamen laut Innenministerium mehr als 103 000 Migranten in Italien über das Mittelmeer an, etwa 1000 weniger als im Vorjahreszeitraum.
FRANKREICH/GROSSBRITANNIEN
Stacheldraht, Sicherheitsstreifen, Militärjeeps, Kameras und Spürhunde: Seit Frankreich die Sicherheitsmaßnahmen in Calais verstärkt hat, hat sich die Lage um den Eurotunnel entspannt. Den stärksten Ansturm von Migranten auf den Tunnel gab es Ende Juli. Dabei versuchten rund 2000 Flüchtlinge nachts vorzudringen, um an Bord von Güterzügen nach Großbritannien zu gelangen. Dennoch bleibt die Situation dramatisch, denn in dem Flüchtlingslager „Neuer Dschungel“ sollen bis zu 3000 Menschen campieren, die in der Hoffnung leben, es irgendwann durch den Tunnel zu schaffen. Die meisten Migranten kommen aus Eritrea, Äthiopien und dem Sudan.