Al Kaida bestätigt Bin Ladens Tod und droht mit Rache

Washington (dpa) - Das Terrornetzwerk Al-Kaida hat Rache für den Tod seines Führers Osama bin Laden geschworen. Mit dieser Drohung in islamistischen Internet-Foren bestätigte Al-Kaida am Freitag zum ersten Mal, dass Bin Laden nicht mehr lebt.

In der Erklärung wird der von US-Soldaten getötete Terrorist wird als Märtyrer gefeiert, und es wird mit Attacken gegen die USA gedroht. US-Präsident Barack Obama, der den Befehl zur Aktion gegen Bin Laden gegeben hatte, wollte bei seinem Besuch am Freitag in Fort Campbell (US-Bundesstaat Kentucky) die Mitglieder des Sonderkommandos der Navy SEALs „unter vier Augen“ sprechen und ihnen für den Einsatz in Abbottabad in Pakistan danken.

„Du hast huldvoll gelebt und bist als Märtyrer gestorben“, beklagt Al-Kaida den Tod Bin Ladens, wie die auf Terrorabwehr spezialisierte Internetseite SITE und US-Medien aus der Botschaft zitieren. „Scheich Osama bin Laden - Gott möge ihn segnen - ist kein Prophet des 20. Jahrhunderts, sondern ein Mann islamischen Glaubens aus der gesegneten Gemeinschaft der Muslime, der den Koran mit Kraft in die Welt trug und das diesseitige Leben gegen das Jenseits eintauschte.“

Bin Ladens Tod werde als „Fluch“ dienen, „der die Amerikaner und ihre Agenten verfolgt, innerhalb und außerhalb ihrer Länder“, zitiert der Sender CNN die Drohungen des Terrornetzwerks. Und weiter: „Bald, mit der Hilfe von Allah, wird ihr Glück sich in Trauer umwandeln, und ihr Blut wird sich mit ihren Tränen mischen“. Al-Kaida kündigt an, dass sie den „Heiligen Krieg“ fortsetzen werde, „auf dem Pfad, den unsere Führer ohne Zögern gegangen sind“, allen voran Bin Laden. Die Amerikaner würden sich „niemals der Sicherheit erfreuen, bis sich unser Volk in Palästina ihrer erfreut“.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carnes, reagierte gelassen: „Sie (die Mitteilung) erkennt das Offensichtliche an, und das ist, dass Osama bin Laden ... von US-Kräften getötet wurde“, sagte er. Zur Drohung des Terrornetzes mit Vergeltungsschlägen erklärte Carney, die USA seien sich der „potenziellen Aktivitäten sehr bewusst, und aus diesem Grund sind wir äußerst wachsam“.

Bin Laden war in der Nacht zum Montag in seinem Anwesen in Pakistan von einem US-Spezialkommando erschossen worden. Die Leiche war nach US-Angaben bereits im Meer bestattet, als Präsident Obama den Tod des Topterroristen in einer Fernsehansprache verkündete. Da nach Beschluss des Weißen Hauses keine Fotos des getöteten Terrorchefs veröffentlicht werden sollen, waren zunächst meist im Internet zahlreiche Verschwörungstheorien aufgekommen.

Am Rande seines Besuchs im Militärstützpunkt Fort Campbell wollte sich Obama am Freitag bei den Navy Seals persönlich für die erfolgreiche Operation in Pakistan bedanken. Die Namen der an der Blitzaktion beteiligten Mitglieder des Sonderkommandos sind öffentlich nicht bekannt. Und es sei „unwahrscheinlich, dass die Namen der Männer des höchst spezialisierten Teams 6 jemals bekanntwerden“, schreibt die „Washington Post“.

Schon am Mittwoch war Obama im Weißen Haus mit dem für Spezialeinsätze zuständigen Vizeadmiral William McRaven zusammengekommen und hatte ihm den Dank der Nation übermittelt.

Am Donnerstag hatte Obama in stillem Gedenken an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 am Ground Zero einen Kranz niedergelegt. Etwa 2600 Menschen waren an dem Tag in New York umgekommen, als Terroristen zwei Flugzeuge in die Zwillingstürme des World Trade Center steuerten und die Gebäude zum Einsturz brachten. Ein drittes Flugzeug wurde von den Terroristen in das Pentagon gesteuert, eine vierte Maschine stürzte nach vermuteten Kämpfen zwischen Passagieren und Terroristen in Pennsylvania ab.

Nach der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte forderten jetzt weitere UN-Experten von Washington Aufklärung über den Tod Bin Ladens. „Die USA sollten die Fakten offenlegen, die erläutern, ob die jüngste Anwendung tödlicher Gewalt gegen Osama bin Laden den Standards des internationalen Völkerrechtes entsprechen“, erklärten zwei UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte am Freitag in Genf. Zuvor hatte bereits UN-Hochkommissarin Navi Pillay von der US-Regierung mehr Einzelheiten über die Umstände der Tötung Bin Ladens verlangt.

Die UN-Experten Christof Heyns und Martin Scheinin erkennen zwar an, dass es unter gewissen Umständen nötig sein kann, als letzte Maßnahme gegen den Terrorismus auch tödliche Gewalt anzuwenden, um Menschenleben zu schützen. „(Aber) Aktionen von Staaten im Kampf gegen den Terrorismus, besonders in so herausragenden Fällen, setzen auch Maßstäbe in der Art, wie das Recht auf Leben in zukünftigen Fällen behandelt wird“, erklärten die Experten.

In der Diskussion in Deutschland um eine umstrittene Äußerung von Kanzlerin Angela Merkel zum Tod Bin Ladens nahm Unionsfraktionschef Volker Kauder die Regierungschefin in Schutz. „Als Christ gibt es für mich das Böse in der Welt. Osama war böse“, sagte der Politiker in einem „Spiegel“-Interview (Montag). „Und man darf sich als Christ freuen, wenn es weniger Böses auf der Welt gibt.“

Merkel hatte Freude über Bin Ladens Tötung durch US-Soldaten ausgedrückt und damit auch in der Union Kritik provoziert. Kauders Bruder, der CDU-Bundestagsabgeordnete Siegfried Kauder, hatte solche Freudenbezeugungen als „mittelalterlich“ bewertet. Volker Kauder: „Mit meinem Bruder diskutiere ich immer gern. Aber das bleibt in der Familie.“