Amanda Knox: US-Rechtsexperten erwarten jahrelanges Verfahren
Washington (dpa) - Nach der Aufhebung des Freispruchs für die US-Studentin Amanda Knox in Italien hat in den US-Medien eine breite juristische Diskussion eingesetzt. US-Rechtsexperten erwarten ein kompliziertes Verfahren, das sich jahrelang hinziehen könnte.
Ted Simon, der US-Anwalt der Amerikanerin, legte sich in mehreren Fernsehinterviews nicht darauf fest, ob Knox zu dem vom höchsten italienischen Gericht angeordneten neuen Prozess nach Italien zurückkehren werde. Erst solle die Entscheidung der höchsten Instanz geprüft werden, sagte Simon dem Sender CNN. Er betonte aber zugleich, dass Knox nicht verpflichtet sei, persönlich zu dem Prozess zu erscheinen. Ihr italienischer Anwalt Carlo Dalla Vedova erwartete hingegen nicht, dass die 25-Jährige für den Prozess anreisen werde.
Kernfrage ist US-Juristen zufolge, ob Knox nach Italien ausgeliefert werden könne, falls sie im neuen Verfahren schuldig gesprochen und dieses Urteil von Berufungsinstanzen bestätigt werde. Wahrscheinlich werde Italien in einem solchen Fall eine Auslieferung beantragen, sagte Rechtsexperte Paul Callan in einem CNN-Interview. Es sei aber fraglich, ob die USA diesem Ersuchen folgen würden.
Callan verwies auf das geltende US-Recht, demzufolge in den Vereinigten Staaten niemand zwei Mal wegen desselben Verbrechens vor Gericht gestellt werden dürfe. Demnach könnten die US-Behörden argumentieren, dass der Fall nach dem vorausgegangenen Freispruch für Knox erledigt sei. Umgekehrt könnten die italienischen Stellen darauf pochen, dass nach ihrem Landesrecht ein Verfahren erst dann abgeschlossen sei, wenn es alle Instanzen durchlaufen habe.
Insgesamt halten es US-Experten aber für eher unwahrscheinlich, dass es zu einer Auslieferung kommen würde. Knox-Anwalt Simon betonte, ein solcher Schritt sei zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht „in der Landschaft“.
Knox und ihrem früheren Freund Raffaele Sollecito wird vorgeworfen, die britische Austauschstudentin Meredith Kercher 2007 im umbrischen Perugia bei ausufernden Sexspielen getötet zu haben. Nach einer ersten Verurteilung waren sie im Oktober 2011 in zweiter Instanz in einem Indizienprozess freigesprochen worden. Dagegen hatten die Familie des Opfers und die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.