Analyse: Asylgesetze im Akkord

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung produziert Asyl-Gesetze derzeit wie am Fließband. Nun ja, beim Asylpaket II dauert es etwas länger. Doch die Einigung naht - und die nächsten Initiativen sind längst in Arbeit.

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Nach den Silvester-Übergriffen von Köln hatte Schwarz-Rot es besonders eilig: Nicht mal vier Wochen danach beschließt das Kabinett als Konsequenz, kriminelle Ausländer künftig leichter auszuweisen. Dabei ist das generalüberholte Ausweisungsrecht noch nicht mal seit einem Monat in Kraft. Ein Überblick über den Stand der Dinge:

Was ändert sich beim Ausweisungsrecht?

Die Regierung will kriminelle Ausländer leichter aus dem Land schicken und Asylbewerbern eher als bislang ein Bleiberecht verweigern, wenn sie in Deutschland straffällig werden. Dazu werden im Aufenthaltsgesetz die bislang geltenden Schwellen für mögliche Ausweisungen gesenkt - zumindest bei bestimmten Delikten: schweren Straftaten „gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum“ oder gewaltsamen Angriffen auf Polizisten. Künftig können hier schon Freiheitsstrafen von wenigen Monaten zur Ausweisung führen - auch wenn sie zur Bewährung ausgesetzt sind. Allerdings wägen die Behörden in jedem Fall ab zwischen dem „Bleibeinteresse“ des Ausländers und dem „Ausweisungsinteresse“ des Staates. Pauschale Aussagen, wann genau jemand das Land verlassen muss, sind daher schwierig.

Scheitern Ausweisungen nicht auch oft an anderen Dingen?

Ja. Zum Teil weigern sich Herkunftsländer, jemanden wieder aufzunehmen - sie erkennen ihn etwa nicht als ihren Staatsangehörigen an, weil bestimmte Dokumente fehlen. Zum Teil gibt es aber auch rechtliche Hürden: Es gilt zum Beispiel ein Verbot, jemanden in seine Heimat zurückzuschicken, wenn ihm dort Folter oder die Todesstrafe drohen. Kritiker - etwa aus der Opposition - halten die weitere Verschärfung daher für reine Symbolpolitik. Noch dazu, weil das Ausweisungsrecht gerade erst reformiert wurde. Das neue Schema des Abwägens zwischen Ausweisungs- und Bleibeinteresse gilt erst seit dem 1. Januar. Die neuen Regelungen hatten also kaum Zeit, Wirkung zu zeigen, bevor die Regierung erneut Hand an das Gesetz legte.

Und wie steht es mit dem Asylpaket II?

Schon im Herbst einigten sich Union und SPD auf ein größeres Gesetzespaket: Kernpunkt ist die Einrichtung von neuen speziellen Aufnahmeeinrichtungen, in denen die Asylanträge von bestimmten Flüchtlingen im Schnellverfahren bearbeitet werden sollen. Weitere Pläne in dem Paket: Asylbewerber sollen künftig selbst etwas zu ihrem Integrationskurs zuzahlen. Und: Der Familiennachzug soll für Menschen mit „subsidiärem Schutz“ eingeschränkt werden - dies sind jene, die nicht nach Genfer Flüchtlingskonvention oder Asyl-Grundrecht eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Beim Punkt Familiennachzug verhakten sich die Koalitionäre aber, und zwar mächtig. Die SPD wollte die Gruppe der Betroffenen möglichst kleinhalten - und Syrer ausnehmen. Die Union wollte einen größeren Kreis.

Welcher Kompromiss deutet sich an?

Im Gespräch ist, subsidiär geschützte Syrer nicht grundsätzlich herauszuhalten. Dafür könnte der Familiennachzug für Menschen mit diesem eingeschränkten Schutzstatus insgesamt aber nur für ein Jahr ausgesetzt werden - statt wie ursprünglich geplant für zwei Jahre. Außerdem ist eine Sonderregelung angedacht, damit Syrer über Kontingente Familienangehörige nachholen könnten, die derzeit in Lagern in Jordanien und im Libanon leben. Die Koalitionsspitzen wollen möglichst am Donnerstag bei einem Treffen im Kanzleramt eine Einigung erreichen. Ob das gelingt und wie das Ergebnis genau aussehen wird, ist aber noch offen.

Was plant die Koalition sonst noch?

Union und SPD erwägen, nach mehreren Balkan-Ländern auch Marokko, Algerien und Tunesien als „sichere Herkunftsstaaten“ einzustufen. Ziel ist, Asylbewerber von dort schneller in die Heimat zurück zu schicken, weil diese nicht als verfolgt angesehen werden. Die Zahl der Schutzsuchenden aus Marokko und Algerien war im Dezember deutlich gestiegen, aus Tunesien weniger. Die Koalitionäre sind sich hier relativ einig, müssten aber eine Mehrheit im Bundesrat organisieren. Die Frage wird deshalb beim Bund-Länder-Spitzentreffen am Donnerstagabend im Kanzleramt auf den Tisch kommen. Das gilt auch für die Diskussion über eine „Wohnsitzauflage“.

Was ist da vorgesehen?

Koalitionspolitiker haben die Idee aufgebracht, anerkannten Flüchtlingen vorzuschreiben, wo sie in Deutschland wohnen, damit nicht „Ghettos“ in einzelnen Großstädten entstehen. Bislang gilt für Asylbewerber für eine gewisse Zeit lang eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit („Residenzpflicht“); anerkannte Flüchtlinge sind hier dagegen bislang frei. Da eine Beschränkung an dieser Stelle rechtlich schwierig wäre, prüft die Regierung noch mögliche Wege. Eine solche Regelung könnte möglicherweise Teil von einem Asylpaket III werden. Die SPD würde darin gerne auch ein milliardenschweres Programm zur besseren Integration von Flüchtlingen unterbringen.