Analyse: Das Rüstungsgeschäft und die Menschenrechte

Berlin (dpa) - Im Verteidigungsministerium sieht man die Ausbildung ausländischer Militärs auch als eine Art Schule der Demokratie. Elf ägyptische Offiziere werden derzeit in Deutschland ausgebildet.

Natürlich werde das Programm trotz der Kritik am Herrscher Husni Mubarak fortgesetzt, heißt es.

Bei der Ausbildung gehe es schließlich nicht nur um militärischen Drill, sondern auch darum, demokratische Werte in Deutschland zu erleben und möglichst zu übernehmen.

Die Rüstungsexporte an den Nil liegen hingegen vorerst auf Eis. Im zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), das dem Wirtschaftsministerium untersteht, werden Anträge auf Exporte nach Ägypten derzeit nicht bearbeitet. Sie sollen auf Wiedervorlage kommen, wenn die Situation klarer ist. Die Entwicklungshilfe wird hingegen weiter gezahlt, 2010 wurden 190 Millionen Euro für zwei Jahre zugesagt, vor allem für Wasser- und Ökoenergieprojekte.

Minister Dirk Niebel (FDP) schließt eine Überprüfung nicht aus, die Gelder würden aber ausschließlich projektbezogen eingesetzt und könnten daher nicht in dunklen Kanälen versickern, heißt es. Seit Beginn der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit 1963 hat Deutschland Ägypten mit Krediten und Zuschüssen von rund 5,5 Milliarden Euro unterstützt.

Bei der Münchener Sicherheitskonferenz waren mit Blick auf Ägypten selbstkritische Töne zu hören. Großbritanniens Premier David Cameron sagte, man habe hunderte Millionen verteilt, ohne etwas einzufordern. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, man müsse bei jeder Form der Zusammenarbeit auch die Menschenrechte im Blick haben.

Ob dies auch zu Verschärfungen bei Rüstungsexportregeln führt, ist unklar. Jahrelang hatte Deutschland kein Problem damit, Panzerteile, Schnellboote und Munitionstransporter nach Kairo zu liefern. 2009 stiegen die Exporte auf einen Wert von 77,5 Millionen Euro. Für deutsche Rüstungsfirmen ist die Region ein wichtiger Absatzmarkt.

Neben teurer Kommunikationstechnik gingen zuletzt auch 884 Maschinenpistolen im Wert von 693 120 Euro nach Ägypten - kein Entwicklungsland erhielt mehr deutsche Militärhilfe. Im Vergleich zu den Milliarden aus den USA sind das zwar eher geringe Hilfen, aber im jüngsten Rüstungsbericht der Bundesregierung tauchen viele Länder auf, wo sich die Frage stellt, ob sie mit dem in der Einleitung des Berichts genannten Grundsatz in Einklang stehen. Alle Anträge würden „nach sorgfältiger Abwägung vor allem der außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitischen Argumente entschieden“, heißt es dort.

In der Praxis geht es vor allem um Sicherheit und Stabilität. Der Westen hätte seit dem 11. September 2001 auf den Nahen Osten und besonders auf Ägypten durch die Brille von Terrorismus, Islamismus und Radikalismus geschaut, meint die Wissenschaftlerin Almut Möller von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Ägypten gehört zu den weltweiten Top Ten der Waffenimporteure und gab zuletzt jährlich bis rund zwei Milliarden Euro für das Militär aus.

Auch Nigeria, Oman, Pakistan und Russland bekommen Rüstungsgüter „made in Germany“. Die Vereinigten Arabischen Emirate (Militärimporte aus Deutschland 2009 im Wert von 540,7 Millionen Euro) sowie Saudi-Arabien (167,9 Millionen Euro) gehören mit zu den größten Empfängern, beide Länder gelten noch weniger als Ägypten als Hort der Demokratie. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagt, dass seines Wissens nach die Exporte in andere Länder vorerst nicht zur Disposition stehen.

„Die Bundesregierungen, sowohl Schwarz-Gelb, Schwarz-Rot als auch Rot-Grün, haben mit Mubarak, Ben Ali und ähnlichen Diktatoren paktiert, im Wissen, dass in deren Ländern gefoltert wird, Wahlen gefälscht werden und sich die herrschende Kaste schamlos bereichert“, wettert der außenpolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Wolfgang Gehrcke. Seine Partei will in der kommenden Woche im Bundestag beantragen, Waffenexporte in die Region einzustellen, militärische und polizeiliche Kooperationen zu beenden und die Verwendung bisher gezahlter entwicklungspolitischer Mittel kritisch zu überprüfen.