Analyse: Ein Franke muss es sein
Bamberg (dpa) - Das Amt des Bundeslandwirtschaftsministers ist für die CSU seit jeher ein sehr bedeutendes: Ein Drittel aller deutschen Bauernhöfe liegt in Bayern, trotz jahrzehntelangen Höfesterbens sind hier immer noch weit mehr als 100 000 Landwirte aktiv.
In früheren Jahrzehnten waren die Minister selbst Bauern, doch mittlerweile ist die landwirtschaftliche Qualifikation in der CSU unwichtig: Der heutige Parteichef Horst Seehofer war ein fachfremder Agrarminister. Fachfremd war auch seine Nachfolgerin Ilse Aigner. Und ebenfalls nicht aus dem Fach kam der über die Edathy-Affäre gestürzte Hans-Peter Friedrich.
Persönliche Qualifikation auf dem Acker und im Kuhstall ist also verzichtbar. Das entscheidende Kriterium ist ein ganz anderes: der bayerische Regionalproporz.
Der gestürzte Friedrich stammt aus Oberfranken, dem kleinsten Regierungsbezirk in Bayern, dort ist er auch CSU-Bezirksvorsitzender. Damit steht fest, dass auch der Nachfolger oder die Nachfolgerin aus Franken stammen muss. Denn das CSU-interne Machtgefüge ist fein austariert, die Berufung eines Nicht-Franken würde die Franken schwächen und einen anderen CSU-Bezirk stärken.
Ein Oberfranke aber werde es nicht unbedingt werden, sagen mehrere Delegierte auf dem CSU-Parteitag am Samstag in Bamberg. Denn talentierter oberfränkischer Nachwuchs ist im Bundestag nicht übermäßig zahlreich - in Frage käme eventuell der Bamberger Abgeordnete Thomas Silberhorn. Doch der 45-Jährige ist zwar stellvertretender Fraktionschef der Union, hat aber ansonsten wenig Führungserfahrung.
Genannt werden eher andere: Die Drogenbeauftragte Marlene Mortler stammt aus Mittelfranken. Sie hat in der männerlastigen CSU den Vorteil, eine Frau zu sein - und außerdem tatsächlich Ahnung von der Landwirtschaft.
In Frage kommen auch drei Staatssekretäre: Der Erlanger Stefan Müller im Wissenschaftsressort gilt parteiintern als einer der kommenden Leute. Christian Schmidt - ebenfalls Mittelfranke - ist derzeit Staatssekretär im Entwicklungshilfeministerium. Er ist zwar Parteivize, aber ansonsten eine sehr unauffällige Erscheinung ohne Breitenwirkung. Dessen Minister Gerd Müller käme auch in Frage, da früher Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium - doch er ist Schwabe.
Damit würde eine Rochade notwendig - ein Franke müsste Entwicklungshilfeminister werden. Ebenfalls genannt wird Verkehrsstaatssekretärin Dorothee Bär, eine Unterfränkin.
Die Entscheidung wird voraussichtlich an diesem Sonntag fallen. CSU-Chef Seehofer zitiert gern, was ihm Vorvorgänger Edmund Stoiber bei seiner Berufung zum Agrarminister 2005 mit auf den Weg gab: Welches Amt man übernehme, sei nicht so bedeutend - „Hauptsache Du sitzt am Kabinettstisch.“