Analyse: Fast alles beim Alten an der Weser

Bremen (dpa) - Rot-Grün kann weitermachen. Fast alles ist beim Alten an der Weser. Die SPD bleibt stärkste Partei. Nach den vergangenen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz setzen die Grünen auch in Bremen ihren Höhenflug fort.

Schon vor dem Urnengang haben sich die Koalitionäre die Fortsetzung der Zusammenarbeit in die Hand versprochen und Treue geschworen. Doch nun wollen die Grünen in der Beziehung auf „Augenhöhe“ von den Genossen mehr Zugeständnisse bei der Machtverteilung fordern.

Schon vor dem Urnengang hatten sie angesichts der positiven Umfragen den Druck auf die SPD erhöht. Kaum gab es die ersten Prognosen, legte der Juniorpartner für die kommenden Koalitionsverhandlungen nach. „Wir erwarten auch, dass wir durch das gute Wahlergebnis mehr Verantwortung in der Regierung übernehmen können.“

Ein Trumpf für die Grünen: Sie haben die CDU überflügelt. Am Sonntagabend sah es zwar nicht so aus, es war aber auch nicht ausgeschlossen, dass die Grünen rein rechnerisch am Ende auch mit den Christdemokraten koalieren und nach Baden-Württemberg den zweiten Regierungschef stellten könnten. Spitzenkandidatin Karoline Linnert schloss solche Machtspiele zwar bereits im Wahlkampf aus. Doch in den Reihen der Sozialdemokraten warnt man davor, dass manch ein Grüner mit dieser Option liebäugeln könnte. Endgültige Ergebnisse gibt es an der Weser erst zur Wochenmitte.

Während SPD und Grüne nach Bekanntgabe der Daten aus ihrem Freudentaumel nicht mehr herauskamen, endete die Wahl für Christdemokraten und Liberale in einem Debakel. Die CDU, mit dem klaren Ziel angetreten, ins Rathaus einzuziehen und nach Jahrzehnten SPD-geführter Regierungen einen Wechsel herbeizuführen, erzielen mit rund 20 Prozent möglicherweise das schlechteste Ergebnis seit Jahrzehnten. Der Optimismus und die Kampfeslust der Spitzenkandidatin Rita Mohr-Lüllmann versandete in einem mäßig interessanten, themenarmen und eher müden Wahlkampf. Auch die Durchhalteparolen der Kanzlerin Angela Merkel zum Wahlkampfabschluss konnten das Blatt nicht wenden.

Für die FDP kam jeder mögliche neue Schwung nach dem Bundesparteitag und der Wahl Philipp Röslers zum Bundesvorsitzenden zu spät. Nach einem vier Jahre dauernden Intermezzo in der Bürgerschaft wird sie nicht mehr auf den Oppositionsbänken Platz nehmen. Die Linke indes wird wohl wieder einziehen, ebenso wie die Bürger in Wut mit einem Sitz.

Ein Fiasko ist die Wahlbeteiligung. Was zu der niedrigsten Beteiligung in der Geschichte des kleinsten Bundeslandes geführt hat, wird noch analysiert werden müssen. Politiker aller Parteien sehen jedoch eine herbe Niederlage für die Demokratie.

„Wenn ich mir die Wahlbeteiligung angucke, dann muss ich natürlich sagen, dann haben alle Parteien verloren“, sagte die Spitzenkandidatin der Linkspartei Kristina Vogt. Und auch Parlamentspräsident Christian Weber (SPD) ist schwer enttäuscht. „Es ist eine herbe Enttäuschung, das dramatische Absinken der Wahlbeteiligung.“ Als Präsident der Bürgerschaft bedauert er zudem die stark dezimierte Opposition. „Das ist nicht gut für die Demokratie.“ Nach einer Prognose gaben nur knapp 54 Prozent der rund 500 000 Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Vor vier Jahren waren es noch 57,5 Prozent gewesen. Und in diesem Jahr durften erstmals auch die 16- und 17-Jährigen wählen.