Analyse: Frankfurt wird zur Zielscheibe für Tarifkonflikte
Frankfurt/Main (dpa) - Der Frankfurter Flughafen wird immer mehr zur Zielscheibe für Tarifkonflikte. Nach dem harten Arbeitskampf des Vorfeldpersonals sowie der Fluglotsen und Piloten blockierten am Dienstag die Angestellten des öffentlichen Dienstes das größte deutsche Luftverkehrsdrehkreuz.
Die Mitarbeiter der Feuerwehr, Gepäckabfertigung und der Bodenverkehrsdienste sorgten über Stunden dafür, dass an dem Airport nicht mehr viel ging.
Mit den zeitgleichen Aktionen an mehreren deutschen Großflughäfen hat die Tarifauseinandersetzung für bundesweit zwei Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen einen weiteren Höhepunkt erreicht. In den vergangenen Tagen waren bereits Kitas, die Müllabfuhr und der Busverkehr in vielen Städten mit Warnstreiks lahmgelegt worden. Die sensible Luftverkehrsbranche mit Arbeitsniederlegungen zu treffen, davon verspricht sich Verdi-Chef Frank Bsirske nun den entscheidenden Nadelstich in dem Tarifkonflikt.
„Dass heute die Flughäfen lahmgelegt sind, ist ein klares Signal, welches Eskalationspotenzial besteht“, mahnte der Gewerkschaftsboss unmittelbar vor der entscheidenden dritten Verhandlungsrunde bei einer Kundgebung am Frankfurter Flughafen. „Ich hoffe, dass die Arbeitgeber dieses klare Zeichen verstehen.“ Sollte kein besseres Angebot vorgelegt werden, stünden die Zeichen auf Streik.
Mit Trillerpfeifen, Transparenten und Fahnen zogen die Mitarbeiter vor Tor 3 des Flughafens und demonstrierten lautstark für ihre Forderung nach 6,5 Prozent mehr Geld. „Wir sind es wert“ und „Faire Bezahlung“ stand auf den Transparenten. Die Arbeitgeber bieten bislang 3,3 Prozent mehr Gehalt auf zwei Jahre.
Im Frankfurter Flughafen herrschte trotz mehrerer hundert Flugausfälle eine unaufgeregte und fast alltägliche Atmosphäre. An den Info-Ständen hatten sich zwar bereits am frühen Morgen kleinere Schlangen gebildet. Und auch am Vormittag gab es immer wieder kleinere Menschen-Trauben um die zusätzlichen Service-Mitarbeiter, die vor den Check-In-Schaltern warteten. Von Chaos aber keine Spur.
Verdi macht sich mit dem Warnstreik die Verwundbarkeit der Luftverkehrsbranche zunutze, die ausgefallene Flüge nicht einfach nachholen kann. Die Flughäfen und die Airlines mit Lufthansa an der Spitze sehen sich wieder als schutzlose Opfer immer neuer Tarifkonflikte, die von untereinander konkurrierenden Gewerkschaften ausgetragen werden. Die Branche fordert gesetzlichen Schutz von Unternehmen, die für die Infrastruktur unverzichtbar sind und zu denen auch die Deutsche Bahn gehören könnte.
Dass dies kaum ins deutsche Arbeitsrecht passt, zeigte sich schon am Morgen vor dem Arbeitsgericht Frankfurt. Dort wurden die Forderungen von vier Fluggesellschaften nach Schadensersatz wegen eines Towerlotsenstreiks in Stuttgart aus dem Jahr 2009 glatt abgewiesen. Die Gewerkschaften seien mit ihren Aktionen wichtig für die Entwicklung des sozialen Lebens in Deutschland, befand Richterin Ursula Schmidt. Auf diesem Weg könnten sie auch einmal irren und dürften nicht mit hohen Haftungsrisiken belastet werden. Der größte deutsche Flughafen dürfte auch künftig Schauplatz von Arbeitskämpfen sein.