Analyse: Gibt es eine Braune Armee Fraktion
Zwickau/Karlsruhe (dpa) - Ein Wohnmobil brennt aus, ein Haus fackelt ab - und plötzlich passen verstreute Puzzleteile mehrerer spektakulärer Verbrechen zusammen. Alle Spuren führen zu drei Rechtsextremen in Zwickau.
Operierte von Sachsen aus eine Braune Armee Fraktion?
Niemand ahnte etwas, als das Haus im gutbürgerlichen Zwickauer Ortsteil Weißenborn vor einer Woche plötzlich explodierte. Niemand ahnte, was sich Tage später in den Trümmern finden würde. Nachbarn berichteten nur von einer sonst ganz netten Susann, die es plötzlich sehr eilig hatte. Die ihre beiden Katzen mit der Bitte übergab, auf sie aufzupassen, und dann die Straße davon rannte. Da soll es in der Obergeschosswohnung in der Frühlingsstraße 26 schon aus den Fenstern gequalmt haben.
Eine Woche später wird der Verdacht immer stärker, dass in der Frühlingsstraße 26 eine rechtsextreme Terrorzelle zu Hause war. Susann heißt eigentlich Beate Z. und soll das Haus selbst angezündet haben - offenbar, um Beweise zu vernichten. Wofür, das wird nach und nach ruchbar und nimmt täglich größere Dimensionen an. Am Freitag übernahm die Bundesanwaltschaft den Fall.
Entscheidende Puzzleteile hatten jahrelang gefehlt. Nun, innerhalb weniger Tage, tragen Ermittler in Sachsen, aber auch in Thüringen plötzlich Spuren zusammen, die einige der spektakulärsten Verbrechen des vergangenen Jahrzehnts aufklären könnten. Alle enden bei Beate Z. in Zwickau. Nur sie blieb übrig, nachdem sich ihre beiden Mitbewohner nach einem Banküberfall in Eisenach am vergangenen Freitag erschossen haben sollen. Bomben, Banküberfälle, der Polizistenmord von Heilbronn - und nun noch die sogenannten Döner-Morde, eine bislang ungeklärte Serie von Anschlägen auf neun türkisch- und griechischstämmige Imbissbetreiber überall in Deutschland.
Die Verbindung dorthin lieferte die Bundesanwaltschaft am Freitag: Unter all den Waffen, die in der Zwickauer Ruine entdeckt wurden, sei auch die eine Pistole gewesen, die bei allen Döner-Morden benutzt, aber eben jahrelang nicht gefunden worden war. Und auch ein mögliches Motiv lieferten Deutschlands ranghöchste Ermittler gleich dazu: „Es liegen zureichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Mordtaten einer rechtsextremistischen Gruppierung zuzurechnen sind.“
Dass Beate Z. und ihre Gefährten Kontakte in rechtsextreme Kreise in Thüringen pflegten, war zwar bekannt. 1998 jedoch, als das Trio beim Bau von Bomben aufflog, verloren die Verfassungsschützer ihre Spur. Ein extremistisches Motiv geriet erstmal in den Hintergrund - jedenfalls solange es nur um die Banküberfälle ging.
Neue Fragen werfen das Eingreifen der Karlsruher Bundesanwälte und die bisherigen Angaben der Ermittler allerdings auch auf. Warum etwa bringen sich zwei offensichtlich eiskalte Killer nach einem - dazu noch geglückten - Banküberfall einfach selbst um? Was hat ihre wahrscheinlich nicht minder abgebrühte Komplizin Beate Z. dazu getrieben, sich zu stellen? Und vor allem: Handelte das Trio allein?
In Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern sollen die beiden Männer eine Serie von zusammen 14 Banküberfällen verübt haben. Einmal schossen sie einen Bank-Azubi an. Die Polizei nennt die Bankräuber, die immer zu zweit auftraten und mit Fahrrädern flohen, „äußerst brutal“, Teile ihrer Überfall-Klamotten sollen in der Zwickauer Ruine gefunden worden sein. Haben die Neonazis also mit den Raubzügen ihr Leben finanziert?
Drei Tage vor ihrem letzten Bankraub und dem anschließenden Tod der beiden Männer wurde im nahe gelegenen Döbeln der 41 Jahre alte Besitzer des Döner-Imbisses „Aladin“ von einem maskierten Mann erschossen. Ob diese Tat im Zusammenhang mit den Döner-Morden steht, ist bislang unklar. Es könnte der letzte Mord der Bande gewesen sein.