Analyse: Grund zum Feiern am Frauentag

Berlin (dpa) - Lange hat es gedauert, gestritten wurde bis zuletzt, und Probleme bei der Umsetzung sind absehbar. Dennoch ist der Bundestags-Beschluss zur Einführung der Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten nicht nur für Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) ein sehr besonderes Ereignis.

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Große Worte werden bemüht: historischer Schritt, Meilenstein, Kulturwandel. Es ist ein Sieg für die Frauen, die viele Jahre für die Quote gekämpft haben. Und ein ganz persönlicher Erfolg für die Ministerin.

Gefeiert hat Schwesig schon am Vorabend. Sie lud ins Berliner „ewerk“ zum Empfang anlässlich des Internationalen Frauentages. Der ist zwar erst am 8. März, also Sonntag, aber da spricht die Ministerin schon vor der UN-Frauenrechtskommission in New York. „Dieser Frauentag ist der letzte ohne Frauenquote“, sagt sie. Jubel bricht aus.

Aber dann nimmt sich Schwesig fast eine Stunde Zeit, um ihren Gästen noch einmal zu erklären, welche Wirkung für alle Frauen sie sich von der Quote erhofft - und aufzuzählen, was sie noch alles vorhat. Lohngleichheit, Familienzeit, Frauenrechte weltweit. Grundsatzrede nennt das ihr Ministerium.

Am Freitagmorgen gibt sie im Bundestag noch einmal eine Kurzfassung. „Der erste Internationale Frauentag 1911 war eine Kundgebung für das Frauenwahlrecht“, betont sie. „So selbstverständlich, wie Frauen heute wählen und gewählt werden, so selbstverständlich werden zukünftig Frauen in Führungsetagen von Unternehmen und im öffentlichen Dienst mitbestimmen.“

Erst einmal allerdings geht es nur um etwa 100 Unternehmen, nur um Aufsichtsräte und nicht um die mächtigeren Vorstände. Betroffen sind vielleicht 180 Frauen. Und doch sprechen auch die Grünen, die mehr gefordert hatten, von einem „Durchbruch“, laden auch sie nach der Abstimmung im Bundestag zu einer kleinen Feier. Und loben Schwesigs „konstante und beharrliche Arbeit“.

Die Männer mussten sich in der Debatte einiges anhören. „Willst du etwas gesagt haben, frage einen Mann, willst du etwas getan haben, frage eine Frau“, zitierte Birgit Kömpel von der SPD die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher. Marcus Weinberg (CDU), als siebter Redner an diesem Morgen der erste Mann, forderte von den Frauen deshalb „auch Dank an die Männer, die dafür gekämpft haben“.

In der Union ist das Grummeln über Schwesig und die Quote unüberhörbar: Die frühere CDU-Familienministerin Kristina Schröder etwa gibt zu Protokoll: „Ich lehne die Einführung einer gesetzlichen starren Frauenquote ab.“ Sie stelle einen empfindlichen Eingriff in die unternehmerische Freiheit dar.

Dem Koalitionspartner sind Energie und Ehrgeiz der Ministerin aus Schwerin ohnehin nicht ganz geheuer. Weinberg sieht seine Fraktion in der Familienpolitik ausdrücklich in einer „Wächterrolle“. Mit anderen Worten: aufpassen, was die Schwesig noch so vorhat. Bei aller Zustimmung zur Quote grenzt er sich doch von der Ministerin ab. Er sei „erschrocken und irritiert“ über die Qualität des Gesetzes.

Diese Kritik an handwerklichen Fehlern vor allem bei der Umsetzung für den öffentlichen Dienst kommt auch aus anderen Ecken. Dennoch überwiegt der Respekt für den Einsatz der Ministerin. Renate Künast von den Grünen meinte vor einiger Zeit: „Wir alle wissen spätestens seit einer Äußerung von Herrn Kauder, dass sie erfolgreich darin ist, sich durchzusetzen. Glückwunsch!“

Im November hatte Unionsfraktionschef Volker Kauder gepoltert: „Die Frau Familienministerin soll nicht so weinerlich sein.“ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) entschuldigte sich daraufhin bei Schwesig. Die sagte dazu nur: „Solche Sprüche perlen an mir ab.“ Am Freitag stimmen Merkel und Kauder demonstrativ für die Quote.