Analyse: Hauptrolle für die Royals

London (dpa) - Als vor einigen Monaten Gerüchte die Runde machten, James-Bond-Darsteller Daniel Craig habe im Buckingham Palast zusammen mit der Queen für Olympia gedreht, gab es amüsiertes Schmunzeln - aber wirklich glauben wollte die Story kaum einer.

Dass Ihre Majestät über typisch britischen Humor verfügen soll, wird zwar schon immer gemunkelt. Wirklich wissen tut das aber fast keiner, denn in den 60 Jahren ihrer Regentschaft hat Elizabeth II. sich persönlich extrem bedeckt gehalten. Umso größer der „Schock“, wie es Kommentatoren am Samstag beschrieben, als die Geschichte bei der Olympia-Eröffnungszeremonie wahr wurde.

„Die Queen hat sich so zugänglich gemacht wie noch nie zuvor“, kommentierte Zeremonienmeister Danny Boyle das Video, in dem die Queen die erste Filmrolle ihres Lebens übernimmt. Offenbar musste sie dafür nicht einmal groß überredet werden. „Ich glaube, ihr hat das ganze Konzept einfach gut gefallen“, sagte die Sprecherin des Organisationskomitees LOCOG, Jackie Brock-Doyle. Es könnten durchaus royale Spiele werden.

Die Schauspielerei konnte die Queen in den 86 Jahren ihres Lebens im Rampenlicht zwar lange genug üben, hat sie bisher aber nur für hochoffizielle Auftritte gebraucht. Doch hinter den Palastmauern scheint Schritt für Schritt ein Strategiewechsel vor sich zu gehen. In den vergangenen Wochen gab es mehrere dieser „volksnahen“ Auftritte der Royals. Thronfolger Prinz Charles las im Sender BBC den Wetterbericht vor. Sein Bruder Prinz Andrew will ein Hochhaus in London hinabklettern. Charles Söhne Prinz William und Prinz Harry werden in Umfragen sowieso regelmäßig als nahbar und normal gelobt.

Von Anfang an haben die jungen Royals beim Olympia-Projekt für London voll mitgemacht. William, seine Frau Kate und Harry sind Botschafter des britischen Teams. Für die kommenden zwei Wochen haben sie sich als Zuschauer bei unzähligen Wettkämpfen angekündigt. Ihre Cousine Zara Phillips tritt als Vielseitigkeitsreiterin an. Die Königin selber machte nach der langen Nacht im Olympiastadion kaum Pause und war am Samstagmittag ebenfalls schon wieder auf dem Gelände unterwegs, um sich die Wettkampfstätten anzusehen.

Der Auftritt bei der Eröffnungsfeier stützt aber noch einen weiteren Trend. Auf der Tribüne zeigte sich wie so oft in letzter Zeit nur der „Kern“ der Königsfamilie: Die Queen und Prinzgemahl Philip, Charles mit Frau Camilla, und die jungen Nachfolger William, Kate und Harry. Als IOC-Mitglied war auch die einzige Tochter der Queen, Prinzessin Anne, dabei.

Die Queen nahm in hellrosa gekleidet die Hauptrolle ein, stand ganz vorne und deutlich heraus. Kate, William und Harry saßen weiter hinten, zusammen mit Premierminister David Cameron und anderen Regierungsvertretern. Kate wirkte dabei besonders zugänglich - wenn vielleicht auch eher unabsichtlich: Sie rutschte aufgeregt auf ihrem Stuhl herum, hatte feuchte Augen. So begeistert sollen die Royals von Danny Boyles Show gewesen sein, dass gleich Gerüchte aufkamen, der Regisseur könnte in den Ritterstand erhoben werden.