Analyse: In der Asyldebatte wittern AfD und Alfa Morgenluft
Berlin (dpa) - Die Alternative für Deutschland (AfD) erlebt in diesen Tagen ein Comeback, das viele Beobachter nicht für möglich gehalten haben. In bundesweiten Umfragen liegt die Partei von Frauke Petry derzeit wieder bei fünf Prozent.
In Erfurt lockt AfD-Rechtsaußen Björn Höcke Tausende von Demonstranten auf die Straße.
Jeden Monat kommen neue Mitglieder hinzu. Wer im Sommer, nachdem sich der abgewählte Parteigründer Bernd Lucke mit einem Paukenschlag aus der AfD verabschiedet hatte, schon das Requiem für die Partei gesungen hat, reibt sich in diesem Herbst erstaunt die Augen.
Der Grund für den Zuspruch, den die AfD jetzt erfährt, lässt sich auf einen kleinen Nenner bringen: Asyl. Die Parteivorsitzende Petry will zwar gerne glauben, dass die Menschen auch wegen der Vorschläge zu Steuerrecht, Bildung und EU-Reform zur AfD drängen. Doch der Thüringer Landeschef Höcke, der parteiintern als Petrys wichtigster Konkurrent gilt, gibt unumwunden zu: „Das Asyl-Thema ist das Thema, wo die AfD jetzt punkten kann und punkten muss.“
Dass sich auf den von seinem Landesverband organisierten Demonstrationen vor dem Thüringer Landtag auch Rechtsextremisten tummeln, ficht den Landesvorsitzenden nicht an. Höcke sagt: „Ich kann nicht jedem einzelnen Teilnehmer hinter die Stirn gucken.“ Was er dagegen für sinnvoll und machbar hält, sind Grenzsicherungsmaßnahmen, um die Ankunft weiterer Asylbewerber zu verhindern - notfalls durch den Einsatz der Bundeswehr.
Als sich der stellvertretende Bundesvorsitzende Alexander Gauland diese Woche mit dem umstrittenen Slogan „Das Boot ist voll“ zu Wort meldet, setzt Höcke nur wenige Stunden später noch einen drauf und textet: „Das Boot ist übervoll und wird kentern.“ Vor den „Mittwochs-Demonstranten“ von Erfurt ruft er: „Ich sehe ein Volk, das eine Zukunft haben will“. Gemeinsam mit den Demonstranten skandiert er dann: „Wir sind das Volk.“
Doch die AfD ist nicht die einzige Partei, die von der öffentlichen Debatte über die Aufnahmefähigkeit Deutschlands profitiert. Auch die Allianz für Fortschritt und Aufbruch (Alfa), die der einstige AfD-Chef Bernd Lucke im vergangenen Juli gegründet hat, wittert Morgenluft. In den vergangenen Wochen haben nicht nur enttäuschte Ex-AfDler bei Alfa um Aufnahme gebeten. Auch einige ehemalige Mitglieder von CDU und CSU haben angeklopft.
Das Asyl-Konzept von Alfa legt den Schwerpunkt nicht nur auf Grenzkontrollen und Abschreckung, sondern betont auch die Verpflichtung, Menschen in Not zu helfen. Und von einem „vollen Boot“ will Lucke bei aller Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik lieber nicht sprechen. Allerdings bedient sich auch der stellvertretende Alfa-Vorsitzende und Hobby-Segler Bernd Kölmel in Bezug auf Flüchtlinge bisweilen nautischer Metaphern. Er sagt: „Wir haben für den Flüchtlingsbereich eine Schön-Wetter-Regelung, in stürmischer See muss man aber die Segel reffen, sonst bricht der Mast“.
Dass der politische Raum, der rechts von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) liegt, in den vergangenen Wochen gewachsen ist, bestreitet kaum jemand. Doch wie groß dieser Raum tatsächlich ist, und ob AfD und Alfa darin nach der nächsten Bundestagswahl beide Platz finden werden, ist fraglich - vor allem da der Burgfrieden zwischen Petry und dem rechtsnationalen Höcke-Flügel bis dahin möglicherweise nicht halten wird.