Analyse: Iowa watscht politisches Establishment ab

Des Moines (dpa) - Erwachen in Iowa: Das politische Establishment hat sich zum Auftakt des US-Vorwahlreigens in dem Agrarstaat im Mittleren Westen eine schallende Ohrfeige abgeholt.

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Und Donald Trump konnte nicht profitieren. Bei den Republikanern landete Trump nur auf Rang zwei, hinter dem strahlenden Sieger, dem erzkonservativen Senator Ted Cruz aus Texas, der ebenfalls der politischen Garde in Washington den Kampf angesagt hat.

Bei den Demokraten lieferte der linke Parteirebell Bernie Sanders der haushohen Favoriten Hillary Clinton ein ganz enges Rennen und lag am Ende nur um wenige Zehntel Prozent hinter der Ex-Außenministerin. Sanders, der in Iowa mit einem engagierten Wahlkampf vor allem junge Leute mobilisierte, dürfte das Auftrieb im nächsten Vorwahl-Bundesstaat New Hampshire geben, wo er in den Umfragen weit führt.

Hillary Clinton schrammte nur knapp an einer Niederlage vorbei, die sofort die Erinnerungen an 2008 wachrufen würde. Damals war die frühere First Lady überraschend Barack Obama in Iowa unterlegen. Dort begann der Siegeszug des „Yes, we can“-Wahlkampfes. Die Chancen, dass Clinton es diesmal zur Kandidatur schafft, sind ungleich besser. Es sei denn, ihre E-Mail-Affäre macht ihr weiter zu schaffen.

Dass sie in ihrer Zeit als Außenministerin als geheim eingestuften Mailverkehr über ihren privaten, ungesicherten Computer laufen ließ, kann unter Umständen strafbar sein. Die Demokraten wollen keine Kandidatin, die unter Anklage steht. Der politische Gegner, die Republikaner, würde frohlocken.

Deren Parteiführung frohlockt nach Iowa ohnehin. Hat es doch der verhasste Trittbrettfahrer Donald Trump nicht geschafft. Vielleicht, ätzen Kritiker, hat Trump die falsche Frage gestellt. „Wie dumm sind die Leute von Iowa eigentlich?“, wollte der zu einer Zeit wissen, als er in den Umfragen hinter Ted Cruz lag.

Die Bürger des Agrarstaates gelten als Menschen, die die Abstimmung ernst nehmen, sich eingehend informieren, bevor sie wählen gehen, Fragen stellen und Gespräche mit den Kandidaten suchen. Der durchgestylte aber inhaltsleere Entertainment-Wahlkampf des New Yorker Großstadtmenschen Trump verfing im Mittleren Westen nicht, zumindest nicht ausreichend. Die Frage, ob Trump seinen Social-Media-Hype in Stimmen ummünzen kann - sie scheint erst einmal beantwortet.

Der glitzernde Siegertyp Trump, der nach Iowa im Privatjet einflog und sich gern mit schönen Frauen fotografieren ließ, ist plötzlich ein Wahlverlierer. Die erste politische Abstimmung, der er sich in seinen 69 Lebensjahren stellte, hat er nicht gewonnen. Das wird einen wie Trump nicht zum aufgeben bewegen. Doch die „Hier-komm'-ich“-Strategie des Baulöwen ist angekratzt, er kämpft den Kampf nicht mehr von der Spitze weg.

Die hat jetzt Ted Cruz. Der Anwalt und Senator aus Texas gilt als Rechtsaußen, selbst bei den Republikanern. Er tritt für einen harten Kurs gegen illegale Ausländer ein, ist tief im konservativen christlichen Lager verwurzelt. Über Themen wie Abtreibung oder Homo-Ehe will er nicht mal diskutieren. Und auf den Speiseplan amerikanischer Schulen sollen Pommes frites zurückkehren - schließlich sei das Teil der amerikanischen Kultur. „Gott schütze diesen wunderbaren Bundesstaat Iowa“, sagte er nach seinem Sieg.

Während Trump auf große Events mit Glitzereffekt setzte, ging Cruz beim Wahlkampf im Iowa gezielt an die Basis. Auf Bauernhöfen versprach er den Maisfarmern bessere Preise, wenn sie ihre Frucht als Energiebrennstoff anböten. Den Ausschlag dürfte aber der extrem starke sozialkonservative Flügel in Iowa gegeben haben.

In dem Bundesstaat leben viele erzkonservative Christen, die Straßenränder sind gepflastert mit Plakaten, die sich für das Recht auf Leben von Embryos aussprechen, gegen gleichgeschlechtliche Ehen und den Wert der Familie. Keine 24 Stunden vor Beginn der Wahl hatte eine Gruppe von Abtreibungsgegnern eine Wahlempfehlung gegen Trump ausgesprochen - wer die Alternative ist, brauchten sie gar nicht auszusprechen. Dass Donald Trump am heiligen Sonntag noch schnell eine Bibel in die Fernsehkameras hielt, nützte ihm nichts mehr.

Bei den Demokraten votierte die Hälfte der Wähler für einen Anti-Establishment-Kandidaten. Mit den Stimmen für Cruz, Trump, und dem den früheren Neurochirurgen Ben Carson, der auf knapp zehn Prozent kam, waren es bei den Republikanern sogar 60 Prozent der Anhänger, die ihrer Partei einen Denkzettel gaben.

Das Republikaner-Ergebnis weist auch daraufhin, dass die verdeckte Strategie der Parteioberen aufgehen könnte. Sie wollen Cruz zu Hilfe nehmen, um Trump zu verhindern. Nur um am Ende einen deutlich gemäßigteren und damit chancenreicheren Kandidaten ins Rennen gegen die Demokraten zu schicken. Dieser könnte Marco Rubio heißen. Der Senator aus Florida schnitt in Iowa mit 23 Prozent der Stimmen besser ab, als ihm vorhergesagt wurde - und landete nur hauchdünn hinter Trump. Wenn Leute wie die hoffnungslos enttäuschenden Jeb Bush oder John Kasich aus dem Rennen aussteigen, könnten deren gemäßigtere Anhänger den Ausschlag für Rubio geben. Vielleicht ist Rubio der eigentliche Gewinner der ersten Vorwahl.