Analyse: Krieg ohne Bilder
Paris/Bamako (dpa) - Der Anti-Terror-Krieg im westafrikanischen Mali scheint für Frankreich bislang ein voller Erfolg: Rund zwei Wochen nach Beginn des von der malischen Regierung erbetenen Einsatzes haben die Truppen die strategisch wichtige Rebellenhochburg Gao unter Kontrolle gebracht.
Am Sonntag gab es Berichte über einen Rückzug der islamistischen Aufständischen aus der legendären Wüstenstadt Timbuktu. „Glückwunsch“, ließ der französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian seinen Soldaten ausrichten.
Froh dürften die französische Militärführung auch darüber sein, dass sie bislang die Informationshoheit über die Offensive haben. Von der Front erreichen derzeit nahezu keinerlei Bilder oder unabhängige Informationen die Öffentlichkeit. Nachrückende Fotoreporter können lediglich Fotos von ein paar zerstörten Gebäuden oder Geländewagen machen - Leichen sind nicht zu sehen. Der Zugang zur Kampfzone sei nahezu unmöglich, berichten Journalisten vor Ort.
Über Opferzahlen kann deswegen nur spekuliert werden. Es sei wahrscheinlich, dass seit Einsatzbeginn einige Hundert „Terroristen“ getötet wurden, hieß es am Wochenende aus Paris. Auf französischer Seite starb bislang erst ein Hubschrauberpilot bei den Gefechten mit den von Al-Kaida-Kämpfern angeführten Aufständischen. Tote Zivilisten oder andere „Kollateralschäden“ französischer Angriffe wurden bislang nicht bekannt.
Große Risiken bleiben für die Franzosen dennoch. Militärexperten befürchten, dass die Aufständischen sich nach dem Rückzug aus Gao und Timbuktu auf einen Guerillakrieg konzentrieren könnten. Statt direkter Gefechte würde es dann Bombenanschläge und Entführungen geben. Schon jetzt haben islamistische Terroristen in der Sahelzone allein sieben Franzosen in ihrer Gewalt. Sie wurden bereits vor dem Beginn des französischen Militäreinsatzes verschleppt.
Die Gefahr schwerer Imageschäden wurde bereits vergangene Woche deutlich. Menschenrechtsorganisationen berichteten über mutmaßliche Verbrechen malischer Soldaten, die an der Seite der Franzosen kämpfen. Sie sollen in Orten wie Sévaré, Mopti oder Niono zahlreiche Verdächtige umgebracht und Frauen vergewaltigt haben. In Paris weckt dies böse Erinnerungen. Bereits nach dem Engagement im Ruanda-Konflikt wurde den Franzosen Komplizenschaft beim Völkermord vorgeworfen.
Die französische Armeeführung ist deswegen in höchster Alarmbereitschaft und versucht, jeglichen Imageschaden abzuwenden. Zu spüren bekam das ein Fremdenlegionär aus den eigenen Reihen, der sich in Mali mit einer furchteinflößenden Totenkopfmaske fotografieren ließ. Dies sei inakzeptabel, ließ das französische Verteidigungsministerium mitteilen. Nichts soll den Eindruck erwecken, dass die Franzosen als die „Bösen“ kommen.