Analyse: Wie Medien auf den Anschlag reagieren
Berlin (dpa) - Sollte der Anschlag auf das Pariser Magazin „Charlie Hebdo“ zum Ziel gehabt haben, mit den Karikaturisten auch deren Karikaturen auszulöschen, so hat er sein Ziel verfehlt.
Stunden nach dem Terrorakt, bei dem am Mittwoch zwölf Menschen ihr Leben verloren, dürften die Zeichnungen von „Charlie Hebdo“ mehr Menschen bekannt gewesen sein als je zuvor.
In Deutschland werden sie auf mehreren Titelseiten gedruckt. Andere Blattmacher tauchen ihre Seiten in die Trauerfarbe schwarz. Und immer wieder ist der Satz zu sehen, der zur Solidaritätsbekundung geworden ist: „Je suis Charlie.“ („Ich bin Charlie.“)
Karikaturen aus der Feder der „Charlie Hebdo“-Zeichner finden sich am Donnerstag etwa auf dem Titel des Berliner „Tagesspiegels“. Zu sehen ist dort unter anderem, wie ein schwarz Maskierter den Propheten als „Ungläubigen“ enthaupten will. Die Zeitung „B.Z.“ gestaltet gleich ihre ganze ersten und letzten beiden Seiten mit den Zeichnungen und macht das französische „Vive la liberté“ („Es lebe die Freiheit“) zur Schlagzeile. Von einem alten „Charlie Hebdo“-Cover droht der Prophet Mohammed: „Einhundert Peitschenhiebe, wenn ihr euch nicht totlacht.“
Der „Berliner Kurier“ geht noch weiter - mit einer seitenfüllenden eigenen Karikatur, die zugleich eine Hommage an die getöteten Zeichner und eine Beistandsbekundung ist: Ein nackter Dschihadist mit Mohammed-Gesicht hält den „Charlie Hebdo“ mit der Mohammed-Zeichnung in den Händen, während er in einer Wanne voll Blut badet. Der „Kurier“-Zeichner hat den Stil der Franzosen dabei kopiert.
Schwarz ist oft die dominierende Farbe auf den deutschsprachigen Titelseiten. Die gesamte letzte Seite der „Bild“-Zeitung ist schwarz gedruckt, nur „Je suis Charlie“ ist zu lesen. Die linksalternative „tageszeitung“ macht den Spruch zum Titel. Auch im Netz werden damit Zeichen gesetzt: Am Donnerstag setzen eine Reihe regionaler Online-Medien den französischen Satz prominent auf ihre Startseiten - etwa die „Schwäbische Zeitung“ und der „Münchner Merkur“. Auf der „Welt kompakt“ brennt auf schwarzem Hintergrund eine Kerze.
„Der Anschlag trifft eine kleine Zeitung, er gilt aber der ganzen freien Presse“, schreibt einer der Herausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Berthold Kohler, in seinem Kommentar. In den sozialen Netzwerken werden Vergleiche zum Anschlag auf das World Trade Center gezogen. „Handelsblatt“-Herausgeber Gabor Steingart fasst zusammen, die westliche Pressefreiheit habe „ihren 11. September“ erlebt. „Wir dürfen nicht zurückhassen. Die Kriegserklärung, die uns islamische Extremisten zur Unterschrift vorlegen, muss unsigniert bleiben.“