Analyse: Wie sicher ist die Rente?
Berlin (dpa) - Wie sicher ist die Rente? Eigentlich scheint die Lage der gesetzlichen Rentenversicherung rosig zu sein - so rosig, dass zu Neujahr sinkende Beiträge möglich waren.
Zur Jahresmitte sollen die Renten steigen. Doch die weiteren Aussichten bereiten Experten Sorge. Jetzt will die Koalition erstmal die Übergänge in die Rente flexibler machen und an der betrieblichen und privaten Altersvorsorge ansetzen.
Sicher ist: Am 1. Januar sank der Beitragssatz um 0,2 Punkte auf 18,7 Prozent. Grund ist die konjunkturbedingt hohe Reserve der Rentenkasse von mehr als 33 Milliarden Euro. Die gut 20 Millionen Rentner können sich 2015 zudem auf ein Rentenplus von ein bis zwei Prozent einstellen. Das bringt mehr Kaufkraft, die Inflation ist niedriger.
Doch so gut bleibt die Lage nicht. Was sind Grundprobleme und Perspektiven? Immer mehr Rentnern stehen in den kommenden Jahrzehnten wegen des Älterwerdens der Gesellschaft immer weniger Einzahler in die Rentenkasse gegenüber. Sozialverbände warnen: Etwa gering verdienende Erzieherinnen oder Pflegekräfte könnten vermehrt in die Grundsicherung abrutschen.
Die Politik hat festgelegt, dass bis 2030 der Beitragssatz nicht über 22 Prozent steigen und das Rentenniveau nicht unter 43 Prozent sinken soll. Das Rentenniveau bezeichnet das Verhältnis vom Renten- zum Arbeitseinkommen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund meint, diese Ziele könnten erreicht werden. Doch nach 2030 steige der Beitragssatz ohne neue Weichenstellungen - und das Rentenniveau falle weiter.
Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, hält es deshalb für falsch, dass die Bundesregierung die Beiträge zur Rentenversicherung abgesenkt hat, statt eine Demografiereserve aufzubauen. „Die Bundesregierung muss Maßnahmen ergreifen, die die Renten langfristig armutsfest machen“, verlangt Hoffmann.
Der bisherige schwarz-rote Rentenkurs war vor allem auf mehr Leistungen angelegt: durch die abschlagsfreie Rente mit 63 für langjährige Beitragszahler und die erweiterte Mütterrente. Beides kostet die Rentenkasse Milliarden. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer fordert: „Nach dem milliardenschweren Rentenpaket darf es keine weiteren Reformrücknahmen und teuren Leistungsausweitungen geben.“ Für Hoffmann war es ein ökonomischer Unfug, „die an sich sinnvolle Mütterrente nicht aus Steuern, sondern aus Beiträgen zu finanzieren“.
Wie will die Koalition 2015 reagieren? Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will noch einmal an alle drei Säulen ran: die gesetzliche, die betriebliche und die private Vorsorge.
Pläne für die gesetzliche Rente: Eine Koalitions-Arbeitsgruppe zu flexibleren Renten-Übergängen hatte bis zum Jahresende Ergebnisse vorlegen wollen. Doch bei Schwarz-Rot gab es noch reichlich Dissens. Nun soll Ende Januar erneut getagt werden. Klar scheint, dass ältere Arbeitnehmer künftig leichter in Teilrente gehen und mehr als bisher hinzuverdienen können sollen. Zurzeit können Arbeitnehmer bereits ab 63 weniger arbeiten und Teilrente mit Abschlag kassieren. Doch bei 450 Euro Zuverdienst ist Schluss. Sonst werden die Bezüge stark gekürzt. Die Kombirente mit einer individuellen Hinzuverdienstgrenze könnte kommen - so dass man mit Teilrente den besten Verdienst der vergangenen 15 Jahren erreicht. Entsprechende Pläne hatte es schon 2013 bei Schwarz-Gelb gegeben.
Pläne für die Betriebsrente: In Deutschland haben nur knapp zwei von drei Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen hinken hinterher. Verbesserungen sollen im Zuge der Umsetzung von EU-Recht auf den Weg gebracht werden. Forderungen aus der Koalition zielen unter anderem auf eine Verpflichtung der Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer ein Angebot zu machen, einen Teil seines Einkommens steuer- und sozialabgabenfrei für das Alter zur Seite zu legen. Nahles will sich 2015 intensiv mit der zweiten Säule beschäftigen.
Pläne für die private Vorsorge: Die Riester-Rente erfüllt die Erwartungen nicht. Die Zahl der Verträge für die kapitalgedeckte Privat-Absicherung mit Staatsförderung stagniert seit Jahren. Und nur 6,4 Millionen Versicherte zahlen den vollen Satz von 4 Prozent des Bruttoeinkommens. Nur sie bekommen die volle Zulage. Dieses System will Nahles überprüfen. Genauere Pläne sind noch nicht öffentlich.