Fragen und Antworten Was bringen Rentenpaket und Arbeitslosenversicherung?
Berlin (dpa) - Alle Rentner sollen vom Reformpaket von Sozialminister Hubertus Heil (SPD) profitieren - vor allem aber Millionen Mütter, krankheitsbedingte Frührentner sowie Geringverdiener. Kosten in Milliardenhöhe müssen Beitrags- und Steuerzahler tragen.
Das sieht das Rentenpaket von Heil vor, das am Mittwoch im Kabinett verabschiedet wurde.
Was sind die Rentenziele der Koalition?
Stabilität bei der Rente, Honorierung von Lebensleistung und Bekämpfung von Altersarmut - so der Koalitionsvertrag. Anfang 2019 soll das Rentenpaket Heils in Kraft treten: mit der Mütterrente II, Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner, einer Entlastung von Geringverdienern bei Sozialbeiträgen und Haltelinien beim Rentenniveau und Beitragssatz bis 2025. Heil und die SPD wollen, dass das Rentenniveau auch über 2025 hinaus bei 48 Prozent gehalten wird. Ob und wie das machbar ist, soll eine Kommission klären - möglichst bis Ende der Legislaturperiode, sagt Heil. Denn die Gesellschaft wird älter. Auf weniger Einzahler kommen mehr Empfänger. Und diese leben im Schnitt länger. Es besteht Handlungsbedarf.
Wer profitiert von der Mütterrente II?
Eigentlich wollte die CSU, dass erziehende Mütter (Väter müssen das gesondert mit Einverständnis der Mütter beantragen), deren Kinder vor 1992 geboren sind, pro Kind ein weiteres Erziehungsjahr und damit einen weiteren Rentenpunkt angerechnet bekommen. Die SPD war dagegen. Im Koalitionsvertrag schränkte man dann ein, dass nur Mütter, die drei und mehr Kinder vor 1992 geboren haben, in den Genuss eines weiteren Erziehungsjahres kommen. Heil schlug dagegen vor, allen Müttern mit vor 1992 geborenen Kindern einen halben Rentenpunkt zu geben. Das wäre in der Summe ungefähr so viel, wie die 3,7 Milliarden Euro für die Variante der CSU. Heil setzte sich hier gegen die CSU durch. Nun profitieren nicht drei Millionen, sondern weitere sieben Millionen Mütter, sagt Heil, wobei der Zuschlag geringer ist.
Wie profitieren jüngere und ältere Mütter?
Die Gesetzeslage vor der letzten großen Koalition war die, dass Mütter (und Väter) deren Kinder nach 1992 geboren wurden, pro Kind drei Erziehungsjahre anerkannt bekommen haben. Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden nur eines. Die CSU setzte für diese Mütter in der vergangenen Legislaturperiode einen weiteren Rentenpunkt durch. Ab 2019 bekommen alle Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, pro Kind einen halben Rentenpunkt mehr, macht also insgesamt zweieinhalb Punkte pro Kind, während jüngere Mütter drei Punkte anerkannt bekommen.
Wie hoch ist der halbe Rentenpunkt?
Ein Rentenpunkt im Osten liegt seit 1. Juli 2018 bei 30,69 Euro im Monat. Ein halber Rentenpunkt macht hier also rund 15,35 Euro aus. Im Westen liegt der Rentenpunkt zur Zeit bei 32,03 Euro. Ein halber Rentenpunkt West entspricht also rund 16,02 Euro im Monat.
Eine Mutter mit zwei Kindern, die vor 1992 geboren wurden, bekommt also pro Kind zweieinhalb Rentenpunkte. Das macht im Westen künftig 160,16 Euro mehr Rente aus. Im Osten sind dies 153,46 Euro mehr im Monat. Eine Mutter mit zwei Kindern, die nach 1992 geboren wurden, bekommt im Westen für die Erziehungszeit 192,18 Euro im Monat, im Osten 184,14 Euro.
Welche Verbesserung gibt es bei der Erwerbsminderungsrente?
Erwerbsminderungsrenten erhalten Menschen, die so krank sind, dass sie nicht mehr oder nur eingeschränkt arbeiten können. Deren Rente reicht oft nicht aus. Künftig sollen Betroffene so behandelt werden, wie wenn sie bis zum aktuellen Rentenalter gearbeitet hätten. Heute gilt eine Zurechnungszeit von 62 Jahren und drei Monaten, also weniger als das aktuelle Rentenalter. 2019 soll die Zurechnungszeit dann 65 Jahre und acht Monate betragen. Die Erwerbsminderungsrente berücksichtigt also, wie sich bei gleichbleibender Berufstätigkeit bis zum gesetzlichen Rentenalter die Rentenansprüche entwickelt hätten.
Was bringt die Stabilisierung des Rentenniveaus?
Wenn ein Absinken des Niveaus verhindert wird, dann kommt das allen Rentnern zugute. Das Rentenniveau, das Verhältnis der Rente zum Durchschnittslohn, soll bis 2025 bei 48 Prozent gesichert werden. Und der Beitrag zur Rentenversicherung soll die 20-Prozentmarke nicht überschreiten. Derzeit liegt er bei 18,6 Prozent vom Brutto.
Was ist für Geringverdiener geplant?
Die Einkommensgrenze, ab der volle Sozialbeiträge gezahlt werden müssen, soll von 850 auf 1300 Euro steigen. Und wer Jahrzehnte gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt hat, soll nach 35 Beitragsjahren eine Grundrente zehn Prozent über der Grundsicherung erhalten.
Wie teuer könnte die Reform werden?
Für die Rentenversicherung sollen die Verbesserungen bis 2025 mit knapp 32 Milliarden Euro zu Buche schlagen, am teuersten ist die verbesserte Mütterrente. Der Staat richtet im Bundeshaushalt ein „Demografiefonds“ von 2021 bis 2024 ein mit jährlich zwei Milliarden Euro. Damit soll die Beitragsobergrenze auch im Fall unvorhergesehener Entwicklungen absichert werden.
Was bringt die Absenkung der Arbeitslosenversicherung?
Seit 2011 liegt der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung bei 3 Prozent vom beitragspflichtigen Brutto. Bei einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von 3156 Euro im Monat (Angaben der Rentenversicherung für 2018) würden monatlich 94,68 Euro an Arbeitslosenversicherungsbeitrag anfallen. Wird er im nächsten Jahr um 0,5 Prozent gesenkt, macht dies nur noch 78,9 Euro aus. Insgesamt bedeutet die Absenkung eine Entlastung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer von 5,8 Milliarden Euro. Übrigens: 2006 lag der Beitragssatz noch bei 6,5 Prozent.
Die stärkere Senkung beim Arbeitslosenbeitrag soll ein Ausgleich für steigende Pflegebeiträge sein. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will sie ebenfalls zum 1. Januar um 0,5 Punkte anheben. Derzeit liegt der Satz bei 2,55 Prozent vom Brutto. Kinderlose zahlen 2,8 Prozent.