Hintergrund Asylprognose 2017: Eine Rechnung mit vielen Unbekannten

Berlin (dpa) - Wie viele Asylbewerber dieses Jahr nach Deutschland kommen werden, ist schwer vorauszusagen. Seit dem Frühjahr 2016 werden zwar deutlich weniger Neuankömmlinge registriert als in den Monaten zuvor.

Doch es gibt viele Unabwägbarkeiten:

- Hält die Vereinbarung der EU mit der Türkei? Ankara hat versprochen, das Schlepperwesen an der türkischen Ägäis-Küste dauerhaft zu unterbinden und Schutzsuchende von den griechischen Inseln zurückzunehmen. Doch bleibt es bei dieser Zusage, wenn die Visa-Freiheit für türkische Staatsbürger wegen der türkischen Anti-Terror-Gesetze nicht kommt?

- Sollten die innenpolitischen Spannungen in der Türkei anhalten, könnte es sein, dass mehr Türken in Deutschland Asyl beantragen. Schließlich haben viele von ihnen hierzulande Angehörige und Freunde.

- Was wird aus den Flüchtlingen, die in Griechenland festsitzen? Und mit denen, die zuletzt nach Italien gekommen sind? Die geplante Rückführung von den griechischen Inseln in die Türkei stockt, und Italien ist alarmiert durch die steigende Zahl von Asylbewerbern. Eine Umverteilung innerhalb der EU lehnen viele Staaten ab.

- Die Schlepper sind schon 2016, nachdem die „Balkanroute“ dicht gemacht wurde, auf andere Fluchtwege ausgewichen. Flüchtlinge und illegale Migranten versuchen wieder verstärkt, von Libyen, Tunesien oder Ägypten aus über das Mittelmeer nach Italien zu gelangen. Dieser Trend könnte sich noch verstärken, vor allem falls sich Tunesien und Ägypten wirtschaftlich nicht erholen.

- Anerkannte Flüchtlinge können ihre Ehepartner und minderjährigen Kinder zu sich nach Deutschland holen. Unbegleitete Minderjährige dürfen für ihre Eltern einen Antrag auf Familiennachzug stellen. Viele Flüchtlinge, die 2015 ankamen, sind erst zuletzt anerkannt worden. Wie viele von ihnen 2017 von der Möglichkeit des Familiennachzugs Gebrauch machen werden, ist offen. Auch gibt es bislang keine seriösen Schätzungen, wie viele Angehörige ihnen folgen werden. Denn das hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel davon, ob die Angehörigen Pässe haben. Für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus wurde das Recht auf Familiennachzug bis zum 16. März 2018 ausgesetzt.