Athen: Poker um Schuldenschnitt dauert
Athen/Zürich (dpa) - Im Poker um den griechischen Schuldenschnitt ist kein schnelles Ende absehbar. Die Euro-Finanzminister und der Internationale Bankenverband IIF bremsten Hoffnungen auf einen zügigen Abschluss der Athener Verhandlungen.
Ob sich die griechische Regierung und der IIF bis zum EU-Gipfel am Montag auf einen Entwurf einigen können, steht in den Sternen. Die Zeit dränge natürlich, sagte IIF-Verhandlungsführer Charles Dallara in Zürich. Aber vor allem sei wichtig, dass „Einvernehmen über eine freiwillige Umschuldung“ erreicht werde.
Ein erzwungener Schuldenschnitt sei keine Option. „Ich kann davor nur warnen“, sagte Dallara. Einige in der Europäischen Union würden möglicherweise die mit einem solchen Schritt verbundenen Risiken unterschätzen. Allerdings kann der IIF auch nicht garantieren, dass alle Banken, Versicherungen und Hedge-Fonds bei einer freiwilligen Vereinbarung auch mitziehen würden. Sie müssten sich zu einer Einigung selbst eine Meinung bilden und dann für sich selbst entscheiden, meinte Dallara.
Zuletzt hatten sich der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Euro-Länder in die Verhandlungen in Athen eingeschaltet und Druck auf die privaten Gläubiger gemacht. Ihre Forderung: Der Zinssatz für mögliche neue Staatsanleihen, die nach einem Schuldenschnitt die alten Papiere ersetzen würden, müsse weiter gesenkt werden. Der Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, sprach von „klar unter vier Prozent“. Nach Angaben eines Mitarbeiters des griechischen Finanzministeriums verlangt der IIF aber 4 Prozent.
Diese Zahl bestätigte Dallara nicht. Es sagte, der IIF habe in der griechischen Regierung vergangene Woche einen abgestimmten Vorschlag zur Reduzierung der Schuldenlast durch Umschuldung im Umfang von 100 Milliarden Euro vorgelegt. An der Umsetzung dieses Vorschlags sollten nun alle beteiligten Seiten ernsthaft arbeiten.
Ob diese Arbeiten, wie von griechischer Seite angestrebt, bis zum 13. Februar komplett abgeschlossen sein könnten, ließ Dallara offen. „Uns wurde dieses Termin nicht offiziell mitgeteilt, ich habe allerdings davon gehört.“ Es gebe bislang aber noch keine offizielle Antwort der griechischen Regierung auf das IIF-Angebot. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte in Brüssel: „Die Zeit ist begrenzt, ein Umtauschprogramm (für die Staatsanleihen) muss Mitte Februar auf den Weg gebracht werden.“
Auch in Brüssel sieht man die Notwendigkeit für weitere Gespräche: „Wir müssen abwarten. Offensichtlich müssen Griechenland und die Banken noch mehr tun, um ein verträgliches Schuldenniveau zu erreichen“, sagte der als Hardliner bekannte niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager. Das sei Voraussetzung für neue Hilfsprogramme internationaler Geldgeber.
Doch allein ein erfolgreicher Schuldenschnitt reicht Athen nicht, um das zweite Rettungspaket mit einem Umfang von 130 Milliarden Euro zu sichern und damit der Zahlungsunfähigkeit zu entgehen. Am 20. März muss Griechenland 14,4 Milliarden Euro Schulden bedienen. Notwendig ist auch die Einhaltung der Sparauflagen. Doch die griechischen Reformfortschritte kommen nicht so voran, wie sich das die Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) vorstellt.
Finanzminister Evangelos Venizelos musste sich in Brüssel viel Kritik anhören. Amtskollege de Jager sagte: „Es gab wachsende Übereinstimmung, dass die Zeit ausläuft. Griechenland muss sich nun endlich bei Strukturreformen und Wachstumsankurbelung bewegen.“
Die Prüfer vermissen Erfolge bei der Staatsverschlankung und fordern die Entlassung von 150 000 Staatsbediensteten bis 2015. Außerdem sollen im privaten Sektor das 13. und 14. Monatsgehalt abgeschafft oder drastisch gekürzt werden. Auch der Mindestlohn (781 Euro) solle abgeschafft, Zusatzrenten gekürzt werden.
Deswegen fordert die Troika Garantien: Allen neuen Maßnahmen und Reformpläne sollen nicht nur vom Übergangsministerpräsidenten Lucas Papademos, sondern auch von den Vorsitzenden der drei großen Parteien (Sozialisten, Konservative und Rechtsgerichtete) unterzeichnet werden, die die Papademos-Regierung unterstützen. Das soll sicherstellen, dass die Beschlüsse auch nach den vorgezogenen Wahlen, die in diesem Jahr noch stattfinden sollen, Gültigkeit behalten.