Auszüge aus dem Urteil zum Rettungsschirm
Karlsruhe (dpa) - Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch grünes Licht für die Griechenlandhilfe und den Euro-Rettungsschirm aus dem Jahr 2010 gegeben. Die Kernpunkte:
Zu den Rechten und Pflichten des Bundestages:
„Der Deutsche Bundestag darf seine Budgetverantwortung nicht durch unbestimmte haushaltspolitische Ermächtigungen auf andere Akteure übertragen. Insbesondere darf er sich keinen finanzwirksamen Mechanismen ausliefern, die zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen führen können. Vielmehr müssen ausgabenwirksame Hilfsmaßnahmen des Bundes bei größerem Umfang im Einzelnen parlamentarisch bewilligt werden, und es muss gesichert sein, dass ein hinreichender parlamentarischer Einfluss auf die Art und Weise des Umgangs mit den zur Verfügung gestellten Mitteln gewährleistet ist.“
Zu Nachbesserungen im Rettungsschirm-Gesetz:
„Dieses Gesetz verpflichtet die Bundesregierung lediglich dazu, sich vor der Übernahme von Gewährleistungen zu bemühen, Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuss des Bundestages herzustellen. Das reicht zur Gewährleistung der parlamentarischen Haushaltsautonomie nicht aus. Daher bedarf es einer verfassungskonformen Auslegung dieser Regelung dahingehend, dass die Bundesregierung grundsätzlich verpflichtet ist, vor Übernahme von Gewährleistungen jeweils die vorherige Zustimmung des Haushaltsausschusses einzuholen.“
Zu Risiken weiterer Rettungshilfen (Eurobonds):
„Gewährleistungsermächtigungen zur Umsetzung von Verbindlichkeiten, die die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen internationaler Übereinkünfte zur Erhaltung der Liquidität von Staaten der Währungsunion eingeht, (haben) durchaus das Potenzial, die Möglichkeiten politischer Gestaltung des Bundestages in verfassungsrechtlich unzulässigem Umfang einzuschränken. Ein solcher Fall wäre etwa zu besorgen, wenn die Bundesregierung ohne konstitutive Zustimmung des Bundestages in erheblichem Umfang Gewährleistungen, die zur direkten oder indirekten Vergemeinschaftung von Staatsschulden beitragen, übernehmen dürfte, bei denen also der Eintritt des Gewährleistungsfalls allein vom Verhalten anderer Staaten abhängig wäre.“
Zu Klagemöglichkeiten gegen EU-Politik
„Soweit die Gefahr besteht, dass die Kompetenzen des gegenwärtigen oder zukünftigen Bundestages in zentralen Politikbereichen wie etwa dem Haushaltsrecht auf eine Art und Weise ausgehöhlt werden, die eine Repräsentation des Volkswillens rechtlich oder praktisch unmöglich macht, kann der einzelne wahlberechtigte Bürger sich dagegen auf der Grundlage seines Wahlrechts aus Art. 38 GG zur Wehr setzen und Verfassungsbeschwerde erheben.“
Zu den Grenzen der Justiz:
„Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, für Gewährleistungen einstehen zu müssen, kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu, der vom Bundesverfassungsgericht zu respektieren ist. Entsprechendes gilt auch für die Abschätzung der künftigen Tragfähigkeit des Bundeshaushalts und des wirtschaftlichen Leistungsvermögens der Bundesrepublik Deutschland. Hier kann das Bundesverfassungsgericht sich nicht mit eigener Sachkompetenz an die Stelle der zuvörderst dazu demokratisch berufenen Gesetzgebungskörperschaft setzen.“