Benzinbranche hofft auf Trendwende bei E10
Berlin (dpa) - Die Mineralölbranche dringt angesichts der massiven Absatzprobleme beim Biosprit E10 auf eine rasche Lösung und begrüßt den „Benzin-Gipfel“ bei Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP).
„Der durchschnittliche Kunde tankt alle 14 Tage“, sagt der Chef des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV), Klaus Picard, im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. „Wir müssen nun alles daran setzen, den Kunden auf die Hotline-Liste der Autohersteller hinzuweisen, damit er vor seiner nächsten Fahrt zur Tankstelle eine rechtsverbindliche Information seines Herstellers eingeholt hat, ob sein Auto E10 langfristig verträgt“, hofft Picard auf eine Trendwende.
Herr Picard, die Verbraucher verschmähen den neuen Biosprit E10. Warum stoppt die Mineralölbranche nicht sofort den Verkauf und steigt wieder auf Super Benzin mit weniger Ethanol um?
Picard: „Wir haben eine Quote zu erfüllen. Das entsprechende Gesetz sagt, dass der Verbraucher ab sofort E10 tanken muss. Deshalb werden wir alles daran setzen, dass hinzubekommen. Aber auf Dauer sind Notlösungen, die die Raffinerien fahren, um produktionsfähig zu bleiben, nicht tragbar. Unter normalen Umständen würde man ein Produkt, das bei den Kunden so eine hohe Abneigung erfährt, stoppen und zurückziehen. Man muss sich klar machen, wir haben hier keinen normalen Markt, sondern einen massiven Eingriff des Staates.“
Sie hatten angekündigt, dass schon bald erste Raffinerien wegen der vollen E10-Tanks praktisch ihre Produktion einstellen müssen. Wann ist es soweit?
Picard: „Eine Raffinerie hätte schon am Freitag die Produktion weiter zurückfahren müssen. Man hat aber einen Ausweg gefunden, indem man leichtflüchtige Komponenten, die jetzt auch in großen Mengen über sind, in einen Chemiekomplex bringen konnte und somit die Tanks wieder etwas leerer sind und man weiter produzieren kann. Man hangelt sich von Woche zu Woche weiter. Das ist kein Dauerzustand.“
Je mehr Tankstellen E10 nun einführen, desto größer wird doch das Problem. Wie wollen Sie dieses Dilemma lösen?
Picard: „So kann es nicht weitergehen, sonst würden wir in noch größere Engpässe kommen. Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Kunden in der Regel alle zwei Wochen tanken. Wir müssen also alles daran setzen, dass die Kunden bis zur nächsten Tankwelle bei ihren Herstellern angerufen haben und sich erkundigt haben, ob ihr Fahrzeug Super E10 verträgt. Da setzen wir im Moment alle Anstrengungen rein. Wir können keine direkte Aussage zur Fahrzeugverträglichkeit treffen.“
Das Umweltministerium kritisiert eine völlig unzureichende Informationspolitik an Tankstellen, stimmt das?
Picard: „An den Tankstellen werden zunehmend auch die DAT-Listen zur Ansicht ausgelegt, damit sich der Autofahrer direkt informieren kann. Wir haben großes Verständnis für das Bedürfnis der Kunden nach verlässlichen Informationen zur E10-Verträglichkeit ihres Autos. Wir können aber nur die Verbindung der Kunden zu ihrem jeweiligen Autobauer herstellen. Nur die Fahrzeugbauer können mit Blick auf Baujahr, Fahrzeugreihe und Motortyp rechtsverbindlich erklären, welche Fahrzeuge E10 vertragen.“
Gibt es Signale aus der Politik für ein Einlenken? Das Problem ist doch, dass es sich um eine EU-Vorgabe handelt?
Picard: „Die EU verpflichtet die Mitgliedstaaten im Jahr 2020 im Verkehrssektor einen Anteil von zehn Prozent an erneuerbaren Energien zu erreichen. Der Verkehrssektor umfasst nicht nur den Straßenverkehr, sondern beinhaltet auch Schiene, Schiff und Flugverkehr. Es gibt also auch andere Sektoren und nicht nur den Autofahrer, um dieses nationale Ziel zu erreichen. Deutschland ist Vorreiter in der Biokraftstoffpolitik. Im ersten Gesetz lagen die Zwangsquoten noch deutlich höher. Erst im Juni 2009 sind die Bioquoten soweit reduziert worden, dass diese im Rahmen der motortechnischen Grenzen umsetzbar sind. Allerdings mit dem Haken, dass dazu jedem Liter Benzin 10 Prozent Ethanol zugemischt werden müssten. Aus heutiger Sicht ist das immer noch zu ambitioniert, denn 10 Prozent der Fahrzeuge vertragen nur 5 Prozent Ethanol. Die Quote ist also nicht erfüllbar.“