Bewegung im NSU-Prozess
München (dpa) - Richter Manfred Götzl drückt im NSU-Prozess aufs Tempo. Am Donnerstag verhandelte das Oberlandesgericht München über zahlreiche Anträge von Verteidigung und Nebenklägern - darunter verschiedene auf Einsicht der Akten aus den parlamentarischen NSU-Untersuchungsausschüssen.
Die Verteidigung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe hatte gefordert, den Prozess auszusetzen oder zumindest für drei Wochen zu unterbrechen, um Einsicht in die Akten zu nehmen.
„Das Verfahren muss nicht ausgesetzt werden, um diese Akten beizuziehen und einzusehen“, sagte dagegen Bundesanwalt Herbert Diemer. „Es kann darin nichts enthalten sein, was für die Schuld- und Straffrage von Bedeutung ist.“ Zahlreiche Nebenkläger aber sehen das anders und beantragten ebenfalls eine weitergehende Einsicht in Akten - allerdings ohne deshalb den Prozess zu unterbrechen, der bislang ohnehin nur schleppend in Gang gekommen ist.
Über diese und andere Anträge wollte das Gericht bis zum Nachmittag beraten. Es legte darum eine besonders lange Mittagspause ein. In dieser Zeit sollte möglicherweise auch darüber beraten werden, ob der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße vom Verfahren abgetrennt wird, um den Prozess übersichtlicher zu machen. Bei dem Attentat am 9. Juni 2004 wurden mindestens 22 Menschen verletzt, einige von ihnen lebensgefährlich. Bundesanwaltschaft, Verteidigung und Nebenkläger hatten sich am Mittwoch entschieden gegen die Abtrennung ausgesprochen.
Die Bundesanwaltschaft hofft, dass an diesem vierten Verhandlungstag endlich zu den Tatvorwürfen verhandelt wird. Sollten keine weiteren Anträge eingereicht werden, könnte der Senat damit beginnen, die Angeklagten zu befragen. Die Hauptangeklagte Zschäpe, Wohlleben und André E. werden nach Angaben ihrer Verteidiger wohl schweigen, Holger G. und Carsten S., auf deren Angaben bei der Polizei die Anklage im Wesentlichen fußt, werden aber voraussichtlich aussagen. Beide sind in Zeugenschutzprogrammen.