Bis zu 41 Prozent Steuer auf Anlagen in der Schweiz

Berlin (dpa) - Deutsche Steuersünder in der Schweiz sollen mit bis zu 41 Prozent stärker als geplant zur Kasse gebeten werden - doch der Milliarden-Segen für den Fiskus dürfte an der Opposition scheitern.

Nach zähen Verhandlungen vereinbarten beide Länder Nachbesserungen ihres umstrittenen Steuerabkommens. Auch die Haftbefehle gegen drei deutsche Steuerfahnder wären damit hinfällig. SPD, Grüne und Linke kündigten indes ihr Nein an, weil den Steuerhinterziehern zu viel Zeit eingeräumt werde, vor Inkrafttreten ihr Schwarzgeld anderenorts zu verstecken. Die Regierung ist im Bundesrat auf rot-grün regierte Länder angewiesen.

Auch auf Druck der Länder hin besserte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Vereinbarung von September mit der Schweiz nach. Der deutsche Botschafter und der Staatssekretär des Schweizer Finanzministeriums unterzeichneten am Donnerstag in Bern ein entsprechendes Protokoll. Die Spannbreite der Pauschalbesteuerung von Vermögen der vergangenen zehn Jahre in der Schweiz soll 21 bis 41 Prozent betragen, nicht nur 19 bis 34 Prozent, wie zunächst geplant. „Jeder der am 1. Januar 2013 ein Konto in der Schweiz hat, hat nur noch die Alternative: Entweder akzeptiert er die pauschale Besteuerung oder er muss sich den deutschen Steuerbehörden offenbaren“, hieß es im Finanzressort.

Tritt das Abkommen planmäßig Anfang 2013 in Kraft, fällt beim Tod des Kontoinhabers eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent an. Die Erben können das Erbe auch nach bisherigem deutschen Recht versteuern.

Als entscheidend bezeichnete die Regierung: Künftiger Steuerflucht soll ein Riegel vorgeschoben werden. Auf alle künftigen Kapitalanlagen in der Schweiz soll der in Deutschland geltende Satz von 26,4 Prozent auf die Zinserträge gezahlt werden müssen. Der Stichtag wurde vom 31. Mai 2013 auf 1. Januar 2013 vorgezogen.

Brüssel will das nachgebesserte Abkommen daraufhin überprüfen, ob EU-Regeln eingehalten werden. Die EU-Behörde habe gegenüber Berlin ihre Bedenken im Hinblick auf die ursprüngliche Abmachung sehr deutlich gemacht, sagte die Sprecherin von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier der Nachrichtenagentur dpa. Die neuen Regelungen kommentierte sie im Detail nicht und verwies auf die nun anstehende Analyse. Grundsätzlich dürften bilaterale Abkommen von EU-Ländern mit Drittstaaten nicht bereits existierende EU-Gesetze untergraben.

Angesichts von Schätzungen über mindestens 100 Milliarden Euro unversteuertem Kapital in der Schweiz und den vereinbarten Steuersätzen gilt im Finanzressort ein möglicher Ertrag durch das Abkommen von 10 Milliarden als „vorsichtige Schätzung“.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bezweifelte diese Annahme und kündigte ein Nein im Bundesrat an: „Das Abkommen wird nicht wirksam, es enthält viel zu viele Schlupflöcher.“ Schäuble trage die Verantwortung. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin nannte das Abkommen nicht zustimmungsfähig: Es sichere die Anonymität von Steuerhinterziehern. Linksfraktionsvize Sahra Wagenknecht verlangte: „Bei ausbleibender Kooperation der eidgenössischen Behörden müssen betroffene Schweizer Banken vom deutschen Markt ausgeschlossen werden.“

Schäuble warb für die „ausgewogene Lösung“: „Das sind Steuereinnahmen, die ohne Abkommen laufend verjähren würden.“ Gerechtigkeit werde hergestellt. Gabriel hielt dem entgegen: „Das ist ein Persilschein für Schweizer Banken.“ Diese wollten sich so vor Strafverfolgung schützen.

Die schweizerische Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf machte klar, weitere Nachverhandlungen seien nicht möglich. Die Gespräche seien hart gewesen. Irgendwann werde nach einem Nein wohl eine neue Lösung gesucht. „Man kann nicht einfach nichts machen.“

Die Nachbesserungen sehen weiter vor, maximal 1300 statt nur 999 Anfragen nach Auskünften zu den Konten von Deutschen zuzulassen. Die Schweizer Finanzverwaltung soll feststellen, ob jemand ein Konto in der Schweiz hat. Versuche, Steuerregeln durch Stiftungen zu umgehen, sollen besser unterbunden werden können. Ein Zinsbesteuerungsabkommen der EU soll von dem Deutsch-Schweizer Vertrag nicht berührt werden.

Gesondert soll geregelt werden, dass die Bundesländer für entgangene Erbschaftssteuer 30 Prozent des Aufkommens erhalten sollen. Vom Rest sollen wie sonst bei Kapitalerträgen Bund und Länder jeweils 44 und die Kommunen 12 Prozent bekommen. Der Ankauf von Steuer-CDs soll nicht ausgeschlossen, aber weniger attraktiv sein. Der Chef von CDU-Wirtschaftsrat und CSU-Mittelstands-Union, Kurt Lauk und Hans Michelbach, forderten SPD und Grüne auf, ihre Blockade aufzugeben.

Gabriel forderte Ermittlungen gegen Schweizer Banken, die Steuerhinterziehern helfen. „Das Strafgesetzbuch sieht dafür Haftstrafen von bis zu zehn Jahren vor“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft sei nötig.