Blutbad in Algerien - Aufmarsch in Mali

Algier/Bamako (dpa) - Militante Islamisten sorgen in Nordafrika für Angst und Schrecken. Eine algerische Militäraktion zur Befreiung von Geiseln aus der Hand mutmaßlicher Al-Kaida-Kämpfer führte am Donnerstag zu einem Blutbad.

Im Nachbarland Mali, wo französische Truppen neben Regierungssoldaten gegen islamistische Rebellen aus dem Norden des Landes kämpfen, begann ein großer Truppenaufmarsch. Die Europäische Union will nach einem Beschluss der EU-Außenminister so rasch wie möglich Militärausbilder in das westafrikanische Land entsenden.

Im Osten Algeriens griffen Hubschrauber und Bodentruppen ein Terrorkommando an, das sich seit Mittwoch mit Dutzenden von ausländischen Geiseln auf einem Gasfeld verschanzt hielt. Dabei gab es Medienberichten zufolge viele Tote, mehrere ausländische Arbeiter konnten befreit werden. Nach Darstellung der Terroristen starben allein bei Luftschlägen 35 Geiseln und 15 Kidnapper.

Die Informationen über die Vorgänge auf dem Erdgasfeld In Amenas blieben lange Zeit völlig unklar. Die Regierung in Algier widersprach am Abend Berichten des Rundfunks, wonach die Befreiungsaktion des Militärs beendet sei. „Die Armeeoperation dauert an“, sagte Informationsminister Mohamed Said Belaid im staatlichen Fernsehen. Er bestätigte erstmals, dass es Opfer gegeben habe: „Unglücklicherweise“ seien einige Tote und Verwundete zu beklagen, es sei aber auch eine große Zahl von Terroristen „neutralisiert“ worden.

Der britische Premier David Cameron sagte wegen der dramatischen Lage seine für Freitag in Amsterdam geplante Grundsatzrede zum britischen Verhältnis zur EU ab. Großbritannien müsse sich auf weitere schlechte Nachrichten einstellen, hieß es von der britischen Regierung. Nach bisherigen Informationen wurde ein Brite getötet, zwei Schotten konnten entkommen.

Algerien startete den Militärangriff offenbar ohne Rücksprache mit westlichen Regierungen. Cameron kritisierte die algerische Informationspolitik, Norwegens Ministerpräsident Jens Stoltenberg beklagte am Abend, man habe noch immer keine sicheren Informationen über das Schicksal der Geiseln. Auch die USA forderten „Klarheit“ von Algier.

Hinter der Geiselnahme steht nach algerischen Angaben die Organisation Al-Kaida im islamischen Maghreb (AQMI). Die militanten Islamisten forderten ein Ende des französischen Einsatzes in Mali. Die algerische Regierung lehnt Verhandlungen mit den Terroristen strikt ab.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle zeigte sich „tief betroffen“ über den Tod der Geiseln. „Diese Terroristen, das sind keine Freiheitskämpfer. Das sind brutale Kriminelle, die auch vor der Ermordung von Unschuldigen keinen Halt machen“, sagte er in Brüssel nach Beratungen der EU-Außenminister.

Der britische Außenminister William Hague kritisierte die Terroraktion als „kaltblütigen Mord“. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) warnte vor der Terrorgefahr für Europäer. „Wir stehen im Fadenkreuz des islamistischen Terrors“, sagte er beim Treffen der EU-Innenminister im irischen Dublin.

In Mali verstärkte Frankreich seine Truppen - von 800 auf 1400 Soldaten. Die Vorbereitungen für den Mali-Einsatz von zunächst 2000 Soldaten aus Ländern der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas liefen auf Hochtouren, als erste wurden bis zu 500 Mann aus Nigeria erwartet.

Die Europäische Union will rund 250 Militärausbilder nach Mali entsenden. Sie sollen dafür sorgen, dass die Armee des Landes die Rebellen bekämpfen kann. Die Außenminister versprachen zugleich finanzielle Unterstützung für den Ecowas-Kampfeinsatz in Mali mit 3300 afrikanischen Soldaten, die EU sprach sogar von 3500 Soldaten. Der französische General François Lecointre wurde zum Kommandeur der EU-Trainingsmission in Mali ernannt.

Westerwelle sagte, der Umfang der deutschen Beteiligung an dem Einsatz stehe noch nicht fest: „Auf Dauer wird es keine europäische oder militärische Lösung geben können in Mali. Auf Dauer geht es darum, dass die afrikanischen Kräfte es schaffen müssen, die malische Armee es schaffen muss“, sagte der Minister. Einen Kampfeinsatz zur Unterstützung der französischen Truppen in Mali schloss er aus. Zwei deutsche Transall-Maschinen starteten am Donnerstagabend in Richtung Mali.

Der geplante Bundeswehreinsatz in Mali trifft in der deutschen Bevölkerung auf deutlich mehr Zustimmung als Ablehnung. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprachen sich 49 Prozent für eine logistische Unterstützung des Kampfes gegen die Rebellen und für Ausbildungshilfe aus, nur 34 Prozent sind dagegen.