Bundeswehr-Einsatz gegen Schleuser wird ausgeweitet
Berlin/Brüssel (dpa) - Die Bundeswehr soll ab Oktober gezielt gegen Schleuserbanden im Mittelmeer vorgehen. Bis zu 950 Soldaten dürfen dann nach einem Kabinettsbeschluss Schiffe von Menschenschmugglerbanden stoppen und zerstören.
Bislang ist die Militäroperation der Europäischen Union auf das Sammeln von Informationen und die Rettung von schiffbrüchigen Flüchtlingen begrenzt. Der Bundestag muss noch zustimmen. Eine Mehrheit gilt zwar als sicher, Grüne und Linke sind aber strikt gegen eine Ausweitung der Mission.
Die Bundeswehr hat seit Anfang Mai bereits mehr als 7200 schiffbrüchige Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet. Die EU-Mission zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität begann im Juni.
Aus Deutschland sind die Fregatte „Schleswig-Holstein“ und das Versorgungsschiff „Werra“ mit insgesamt 320 Soldaten beteiligt. Damit ist der Einsatz bereits der drittgrößte der Bundeswehr nach dem in Afghanistan und im Kosovo. Die neue Obergrenze von 950 Soldaten übertrifft sogar die des Afghanistan-Einsatzes von 850.
Bei einer Truppenstellerkonferenz in Brüssel sagten am Mittwoch neben Deutschland auch andere Staaten wie Frankreich Unterstützung für eine Ausweitung des Einsatzes zu. Er habe die Zusage, dass die für Phase II der Operation benötigten Mittel zur Verfügung gestellt werden, ließ der zuständige italienische Konteradmiral Enrico Credendino mitteilen. Den Bedarf hatte er zuvor mit mindestens sieben Einsatzschiffen angegeben. Zudem sollen Flugzeuge, U-Boote, Drohnen und Hubschrauber eingesetzt werden.
In einem Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden des Bundestags forderten Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Solidarität innerhalb der EU in der Flüchtlingsfrage: „Der Tod vieler Flüchtlinge, die versucht haben, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, hat deutlich gemacht, dass wir in Europa eine gemeinsame Antwort auf die vielfältigen Dimensionen der Migrationsbewegungen geben müssen.“
Die beiden Minister betonten, dass es ihnen bei dem Mittelmeereinsatz auch um eine Abschreckungswirkung geht. Sie verwiesen auf einen ähnlichen EU-Einsatz am Horn von Afrika gegen Piraterie, der dazu geführt hat, dass es heute kaum noch zu Angriffen auf Handelsschiffe kommt.
Der Einsatz der EU im Mittelmeer konzentriert sich auf die libysche Küste. Von dort haben in den vergangenen Monaten Zehntausende Flüchtlinge versucht, nach Italien zu gelangen. Viele kamen dabei ums Leben. Steinmeier betonte, dass die Seenotrettung Aufgabe der Bundeswehr im Mittelmeer bleibe.
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin kritisierte die Ausweitung der Mission als „hilflose Symbolpolitik“. „Wir brauchen Rettungsboote statt Zerstörer“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Der Verteidigungsexperte der Linken, Alexander Neu, forderte eine wirksamere Bekämpfung der Fluchtursachen: „Die anvisierte Zerstörung der Schleusernetzwerke mit militärischen Mitteln mag zwar oberflächlich funktionieren, nicht aber das Problem lösen.“