Chronologie: Das lange Tauziehen um fünf Euro
Berlin (dpa) - Regierung und Opposition streiten seit Monaten um die Hartz-IV-Reform. Weil die Neuregelung auf Eis liegt, müssen seither rund 4,7 Millionen erwachsene Hartz-IV-Empfänger auf die geplante Erhöhung des Regelsatzes warten.
Das gleiche gilt für die Leistungen aus dem Bildungspaket für rund 2,5 Millionen Kinder.
9. Februar 2010: Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts müssen die Hartz-IV-Regelsätze neu berechnet werden. Die bisherige Berechnung sei nicht transparent genug und verstoße gegen die Verfassung, heißt es in Karlsruhe. Das Gericht fordert vom Gesetzgeber die Neuregelung bis zum 31. Dezember, verlangt aber nicht ausdrücklich eine Erhöhung des Regelsatzes.
20. Oktober: Das Bundeskabinett beschließt: Der Regelsatz für Erwachsene soll um 5 auf 364 Euro steigen. Die Opposition ist empört, auch wenn es für Kinder ein millionenschweres Bildungspaket geben soll. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles fordert einen Regelsatz „über 400 Euro“, die Linke will monatlich 500 Euro.
3. Dezember: Der Bundestag verabschiedet das Gesetz zur Hartz-IV-Neuregelung und das Bildungspaket für bedürftige Kinder. Union und FDP stimmen für die Vorlage von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Opposition votiert geschlossen dagegen.
17. Dezember: Das Gesetzespaket findet im Bundesrat keine Mehrheit, da sich das schwarz-gelb-grün regierte Saarland der Stimme enthält. Das Kabinett ruft den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat an.
7. Januar 2011: Nach gut zweiwöchiger Feiertagspause setzen die Vertreter von Bund und Ländern ihr Tauziehen fort. SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig sieht „bestenfalls Mini-Schritte“ der anderen Seite in Richtung Kompromiss. Koalitionsvertreter kritisieren, dass die Opposition an ihren „Maximalforderungen“ festhält.
9. Januar: Bewegung in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe: Beim Bildungspaket sollen die Kommunen und ihre Sozialarbeiter dafür verantwortlich sein, dass die 2,1 Millionen Kinder aus Hartz-IV-Familien und die weiteren 200 000 Geringverdiener-Familien ihr „Teilhaberecht“ an Bildung und gesellschaftlichem Leben erhalten. Bisher waren dafür die Jobcenter der Arbeitsagenturen vorgesehen. In einer zweiten Unterarbeitsgruppe geht es um einen Mindestlohn für die Zeit- und Leiharbeitsbranche.
19. Januar: Die neue Verhandlungsrunde im Vermittlungsausschuss bringt keine Lösung. Auch Gespräche der Fachpolitiker in Arbeitsgruppen vor und nach dem Treffen bleiben ohne Ergebnis. Hauptstreitpunkte sind weiterhin die Oppositionsforderung nach einem Mindestlohn für Zeit- und Leiharbeiter sowie der gleiche Lohn für sie wie für Festangestellte - möglichst nach vier Wochen Probezeit der Leiharbeiter. Laut FDP soll das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ erst nach zwölf Monaten gelten.
25. Januar: Nach weiteren sechs Stunden Verhandlungen geht man erneut ohne Einigung auseinander. Die SPD kann sich mit ihren Forderungen nach einer weiteren Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze und gleicher Bezahlung von Zeitarbeitern und Stammbelegschaft wieder nicht durchsetzen. Man vertagt sich auf den 6. Februar.
7. Februar: Nach erneuten zehn Stunden Nacht-Verhandlungen liegt die Neuregelung weiterhin auf Eis. Die Koalition bietet an, die Kommunen bei der Grundsicherung für arme Rentner bis 2015 um insgesamt zwölf Milliarden Euro zu entlasten.
9. Februar: Die Bundesregierung setzt auf Unterstützung für die Vorschläge von Union und FDP im Bundesrat. Sie hoffe, dass dieses mit einer Milliardenentlastung für die Kommunen verbundene Paket auch bei den Ministerpräsidenten Zustimmung finden werde, sagt Regierungssprecher Steffen Seibert. Nach dem Scheitern der Hartz-IV-Verhandlungen warnt die Bundesagentur für Arbeit vor einer Welle von Widersprüchen und Klagen.