CSU attackiert de Maizière: Grenzkontrollen nicht beenden
Berlin/München (dpa) - Die Flüchtlingspolitik und die Strategie der Union nach den Landtagswahl-Denkzetteln entzweien unverändert CDU und CSU. Vor dem Treffen der Koalitionsspitze am Abend in Berlin verlangte CSU-Chef Horst Seehofer von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erneut eine Kurskorrektur.
„Wenn wir unsere Politik nicht ändern in Berlin, dann werden wir unter 30 Prozent rutschen“, sagte Seehofer der Deutschen Presse-Agentur in München.
Erbost reagierte die CSU auf die Ankündigung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), bei weiter niedrigen Flüchtlingszahlen die Grenzkontrollen in absehbarer Zeit beenden zu wollen. „Jetzt von einem Ende der Grenzkontrollen zu reden, ist das völlig falsche Signal, das hier ausgesandt wird - auch aus Sicherheitsgründen“, kritisierte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) machte dem bayerischen Ministerpräsidenten indes wenig Hoffnung. „Angela Merkel und ich werden unsere Flüchtlingspolitik nicht ändern“, sagte Kauder der dpa. Daran würden auch die jüngsten Wahlerfolge der AfD nichts ändern. „Wir können die Wähler von der AfD nicht mit den Sprüchen der AfD zurückholen. Das geht für uns als Volkspartei nicht, und das wollen wir auch nicht.“
Die SPD wertete Seehofers Attacken als Zeichen der CSU-Schwäche: „Aus den Äußerungen von führenden CSU-Politikern spricht die Erkenntnis, mit ihrem Konfrontationskurs in der Flüchtlingspolitik endgültig gescheitert zu sein“, sagte Generalsekretärin Katarina Barley der dpa. Die monatelange CSU-Drohung einer Verfassungsklage gegen Merkels Flüchtlingspolitik nehme niemand mehr ernst.
Im Kanzleramt wollte Seehofer zunächst mit Merkel allein beraten. Anschließend sollte SPD-Chef Sigmar Gabriel dazukommen. Eigentlich wollten die drei Parteichefs in Ruhe den Fahrplan zur Lösung von Streitthemen zwischen Union und SPD besprechen, um ein Signal der Geschlossenheit zu senden. Dabei geht es unter anderem um das Integrationskonzept, die Erbschaftsteuer, Leiharbeit und Werkverträge, die Lebensleistungsrente, das Behindertenrecht und die Ökostromreform.
Nach den Denkzetteln für die CDU bei den Landtagswahlen Mitte März, als die Partei die lange sicher geglaubten Ministerpräsidentenposten in Stuttgart und Mainz verspielte, fürchtet Seehofer ein weiteres Abrutschen in der Wählergunst. Umfragewerte von 32 Prozent für die Union im Bund seien schon ein Tiefpunkt, aber er fürchte Schlimmeres. „Die Union muss einmal wieder ein Projekt formulieren, was wir wollen“, mahnte der CSU-Chef. Auf die Frage, welche Erwartungen er an seine Gespräche im Kanzleramt habe, sagte Seehofer: „Wenig.“
Konkrete Ergebnisse sollten ohnehin nicht verkündet werden. Die Dreierrunde wird dem Vernehmen nach die Sitzung des größeren Koalitionsausschusses von Union und SPD vorbereiten, der für Mittwoch nächster Woche (13. April) angesetzt ist.