Panamapapers Behörden in mehreren Staaten leiten Ermittlungen ein

Panama-Stadt/Berlin (dpa) - Mehrere tausend Deutsche sollen nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ Briefkastenfirmen einer Anwaltskanzlei in Panama genutzt haben.

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„Als Vermittler traten dabei nicht nur deutsche, sondern auch ausländische Banken auf“, berichtet die Zeitung (Dienstag) unter Berufung auf die am Sonntag bekannt gewordenen „Panama Papers“.

Die Recherchen von rund 400 Journalisten aus rund 80 Staaten dazu basieren auf einem Datenleck bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca. Nach den Enthüllung zu Briefkastenfirmen von Politikern und Sportstars leiteten Behörden in mehreren Staaten Untersuchungen ein.

Immer mehr Prominente gingen selbst in die Öffentlichkeit und wiesen - wie Weltfußballer Lionel Messi und Argentiniens Staatschef Mauricio Macri - Vorwürfe zurück. Russland reagiert wütend auf Informationen aus den „Panama Papers“ über angebliche verborgene Milliarden im Umfeld von Präsident Wladimir Putin. Die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca selbst wehrt sich gegen Vorwürfe und hält die Abschöpfung der Daten für strafbar.

Ermittlungen oder Prüfungen wegen möglicher Vergehen soll es in Frankreich, Spanien, Australien, Israel, Spanien, den Niederlanden, Indien und der Schweiz, wie Behörden mitteilten. Die österreichische Finanzmarktaufsicht gab die Überprüfung zweier Banken in Auftrag. Aus den unter anderem von der „Süddeutschen Zeitung“ ausgewerteten Dokumenten soll hervorgehen, dass zahlreiche Politiker, Sportler und Prominente ihr Geld in Offshorefirmen geparkt haben.

Mindestens 28 deutsche Banken sollen laut „SZ“ in den vergangenen Jahren die Dienste dieser Kanzlei genutzt haben. Insgesamt hätten allein die deutschen Banken bei dem Offshore-Dienstleister mehr als 1200 Briefkastenfirmen gegründet oder diese für ihre Kunden verwaltet. Gut 500 Banken hätten den Dokumenten zufolge in den vergangenen Jahren mithilfe der Kanzlei mehr als 15 600 Briefkastenfirmen an ihre Kunden vermittelt. Unklar blieb einen Tag nach der ersten Veröffentlichung am Sonntag, ob die mit einem Datenleck bekanntgewordenen Geschäftstätigkeiten unrechtmäßig sind.

Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach von einem Versuch, Putin langfristig zu diskreditieren. Auch andere Moskauer Vertreter werteten die großangelegte Medienrecherche zu Briefkastenfirmen als Attacke des Westens gegen Russland. Nach Angaben des journalistischen Rechercheverbunds ICIJ tauchen in den „Panama Papers“ Namen aus Putins Umgebung auf. Mit deren Firmen seien Geschäfte über mehr als zwei Milliarden US-Dollar (1,75 Mrd. Euro) verbunden. Putin selber werde nicht genannt, hieß es.

Weltfußballer Messi wies Verdächtigungen zurück, bei einer Offshorefirma in Panama Geld geparkt zu haben. Der gegen den Stürmer des FC Barcelona erhobene Vorwurf, eine Gesellschaft in dem mittelamerikanischen Land zur Steuerhinterziehung genutzt zu haben, sei „falsch und beleidigend“, betonte Messis Familie in einem Kommuniqué, aus dem die staatliche spanische Nachrichtenagentur Efe zitierte. Die Anwälte des Fußballers prüften, ob sie juristisch gegen die Medien vorgehen, die diese Verdächtigung verbreitet hätten.

Die isländische Opposition stellte nach Enthüllungen über eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln einen Misstrauensantrag gegen Regierungschef Sigmundur Gunnlaugsson. Dieser lehnte einen Rücktritt ab.

Größerer innenpolitischer Ärger könnte dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko drohen. Er soll Recherchen zufolge im August 2014 auf dem Höhepunkt des Krieges im Donbass eine Offshore-Firma gegründet und seinen Süßwarenkonzern Roshen juristisch auf die Britischen Jungferninseln verlegt haben. Ziel sei es gewesen, Steuern auf einen möglichen Verkauf zu vermeiden.

Poroschenko erklärte bei Twitter, er sei nach der Wahl zum Präsidenten nicht mehr an der Verwaltung seines Vermögens beteiligt gewesen und habe dies Beratungs- und Rechtsfirmen überlassen. Das ICIJ listet auch Fälle aus den Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan, Georgien und Kasachstan auf.

Politiker in Europa forderten nach den Enthüllungen eine härteres Vorgehen gegen Steuerflucht und Geldwäsche. „Wir müssen Briefkastenfirmen und Stiftungen, deren wirtschaftlich Berechtigte anonym bleiben, weltweit verbieten“, sagte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) „Süddeutschen“ (Dienstag). Auch aus anderen Staaten kamen Forderung nach Konsequenzen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will mit einem „Transparenzregister“ für Briefkastenfirmen auf die Enthüllungen reagieren. „Die Heimlichtuerei muss ein Ende haben“, sagte Maas der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag), dem NDR und dem WDR. Der Minister sieht darin einen wichtigen Bestandteil im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Terrorismusfinanzierung. Um Briefkastenfirmen aus der Anonymität zu holen, will Maas das deutsche Geldwäschegesetz ergänzen.

Die „Süddeutsche Zeitung“ will die brisanten Daten der „Panama Papers“ nicht den ermittelnden Behörden übergeben. „Wir sind nicht der verlängerte Arm der Staatsanwaltschaft. Wir sind Journalisten“, sagte der „SZ“-Reporter Frederik Obermaier der Deutschen Presse-Agentur in München.