CSU-Sprecher gibt auf - Opposition nimmt Seehofer ins Visier
München (dpa) - Mit dem Rücktritt von Parteisprecher Hans Michael Strepp hat die CSU nach massiver Kritik versucht, ihre Medienaffäre in den Griff zu bekommen.
Wegen des Vorwurfs versuchter Einflussnahme auf die ZDF-Nachrichtensendung „heute“ räumte der 44-Jährige am Donnerstag im Einvernehmen mit CSU-Chef Horst Seehofer seinen Posten. Der bayerische Ministerpräsident bezeichnete den Rückzug als „unvermeidlich“ sowie „richtig und notwendig“.
Strepp habe darum gebeten, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden, und er habe dieser Bitte entsprochen, erklärte Seehofer. Die Opposition sprach von einem Bauernopfer und nahm den Regierungschef und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt direkt ins Visier. Diese müssten für den ZDF-Anruf verantwortlich sein. Es sei schwer vorstellbar, dass Strepp eigenmächtig gehandelt habe, hieß es von SPD und Grünen übereinstimmend. Seehofer wies die Vorwürfe zurück.
Strepp soll mit einem Drohanruf in der „heute“-Redaktion am Sonntag versucht haben, einen ZDF-Bericht über den bayerischen SPD-Parteitag mit der Kür des Spitzenkandidaten Christian Ude zu verhindern - was Strepp weiterhin bestreitet. „Er sagt mir, dass er keinen Druck ausgeübt hat“, betonte Seehofer. Das ZDF blieb dagegen auch am Donnerstag bei seiner Darstellung. „Die Intention des Anrufs war eindeutig“, erklärte ZDF-Intendant Thomas Bellut in Mainz.
Seehofer sagte dazu im Landtag in München, zu dem Anruf gebe es weiterhin unterschiedliche Bewertungen vom Sender auf der einen und von Strepp auf der anderen Seite. Weil man diesen Widerspruch nicht habe auflösen können, sei der Rückzug unvermeidlich. Strepp sei als Pressesprecher die Schnittstelle zu den Medien und hätte seine Aufgaben unter diesen Umständen nicht mehr fortführen können. Man werde nun „in den nächsten Wochen“ in den dafür zuständigen Gremien des ZDF versuchen, den Sachverhalt aufzuklären, betonte er.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte zu Strepps Rückzug: „Das Bauernopfer ist gefallen. Doch wir wollen wissen, wer die Verantwortung für den Anruf des Pressesprechers trägt. Es ist schwer vorstellbar, dass der Pressesprecher völlig eigenmächtig handelte.“ Als Auftraggeber kämen nur Seehofer oder Dobrindt infrage, hieß es.
SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag), Seehofer wolle lediglich „den Blick in den Sumpf verhindern“. „Niemand glaubt, dass ein Parteisprecher so etwas auf eigene Faust und ohne Kenntnis derjenigen macht, für die er spricht.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte, er erwarte von Seehofer „mindestens eine öffentliche Entschuldigung“. Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke sagte: „So sehen Bauernopfer aus.“ Es bleibe die Frage nach dem Auftraggeber.
Der bayerische SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher betonte, man habe es „mit einer handfesten Causa Horst Seehofer zu tun“. „Das war eine Auftragsarbeit von Ihnen“, sagte er an die Adresse des CSU-Chefs. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause sagte: „Es geht hier um den Chef des Herrn Strepp - es geht hier um Horst Seehofer.“ Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger kritisierte: „Das System CSU schadet der Demokratie und schadet Bayern.“ Denn für den eigenen Machterhalt sei der CSU offenbar jedes Mittel recht.
Seehofer wies die Vorwürfe zurück. Strepp habe ihm in persönlichen Gesprächen versichert, ohne irgendeinen Auftrag beim ZDF angerufen zu haben. „Ich habe ihn ausdrücklich gefragt. Da hat er klipp und klar gesagt: Nein.“ Die Antwort sei eindeutig gewesen, betonte Seehofer. Der CSU-Chef sprach angesichts von Strepps Rückzug auch von einem „schweren Schritt“. Er habe mit ihm in den vergangenen Jahren gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet. „Ich danke ihm auch für diese Größe, die er hier durch diesen Schritt zeigt“, betonte Seehofer.
Nach Darstellung von ZDF-Intendant Bellut und ZDF-Chefredakteur Peter Frey versuchte Strepp am Sonntag auf verschiedenen Wegen, die Berichterstattung des ZDF über die SPD zu beeinflussen. Zunächst habe Strepp SMS-Nachrichten geschrieben, dann habe er schließlich direkt in der „heute“-Redaktion angerufen. Der „heute“-Redakteur fasste das Telefonat laut ZDF so zusammen: „Er fragte, ob wir wüssten, dass weder die ARD noch Phoenix über den SPD-Landesparteitag berichten würden. Er sei informiert, dass wir einen Beitrag planten. Weit davon entfernt, in das Programm reinzureden, wolle er aber doch rechtzeitig zu bedenken geben, dass es im Nachklapp Diskussionen geben könnte, wenn das ZDF im Alleingang sende.“
Der Politikberater Michael Spreng stufte Strepps Verhalten am Donnerstag als dumm und amateurhaft ein. „Als Sprecher bei Medien etwas zu verhindern zu versuchen, ist absolut nicht zulässig“, sagte der Ex-Wahlkampfmanager von Edmund Stoiber der Nachrichtenagentur dpa. Wichtig sei die Frage, ob Strepp aus eigenem Antrieb gehandelt habe. „Hätte ihn die Partei beauftragt, wäre das ein wirklicher Skandal.“