Denkfabrik CEP: Verhältnis zu Athen wird schwierig bleiben
Brüssel/Freiburg (dpa) - Das Verhältnis zwischen EU und Athen wird nach Expertenmeinung auch nach der Parlamentswahl schwierig bleiben.
„Ich gehe nicht davon aus, dass sich an der griechischen Politik grundlegend etwas ändert“, sagte der Vorsitzende des Freiburger Centrums für Europäische Politik (CEP), Lüder Gerken, dem EU-Informationsdienst dpa Insight EU. Die EU könne dabei nur zusehen: Es gebe kein Drohpotenzial, weil der Austritt Griechenlands aus der Eurozone politisch nicht gewollt sei. „Und das wissen auch die Griechen“, sagte Gerken.
Die entscheidende Frage sei, ob Griechenland zu Reformen bereit sei: Dazu habe es in den vergangenen Jahren etliche Vereinbarungen gegeben, die aber in keinem Fall eingehalten worden seien. „Und ich gehe davon aus: Dieser Zirkus wird weitergehen.“
Gerken betonte, der Chef der konservativen Partei Nea Dimokratia, Antonis Samaras, sei genauso wenig Anhänger einer rigiden Sanierungspolitik wie die radikale Linke. Der Volkswirt forderte von Europa die Bereitschaft, den Kredithahn zuzudrehen, sollten erneut Versprechungen gebrochen werden. Allerdings sei dieses Szenario „sehr unwahrscheinlich“.
Und selbst ohne europäische Notkredite müsse Griechenland die Eurozone nicht verlassen, weil die griechische Notenbank selber Euroscheine drucken und die Wirtschaft versorgen könnte. Um das zu verhindern, sei in der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Zweidrittelmehrheit nötig, sagte Gerken. „Diese Mehrheit ist nicht vorhanden, weil alle südeuropäischen Länder lieber heute als morgen die EZB als willfährige Gelddruckmaschine sehen würden.“ Der Experte betonte: „Die Griechen haben ein ganz erhebliches Druckpotenzial, und im Zweifel werden sie es auch ausspielen.“
Der Volkswirt nannte die Vorstellung illusorisch, dass Griechenland 2015 oder 2016 an den Kapitalmarkt werde zurückkehren können. „Das wird sicher zehn Jahre oder länger dauern - wenn es überhaupt jemals gelingen wird.“ Er betonte: „Es genügt nicht, im griechischen Staatssektor einfach nur Geld einzusparen.“
Notwendig sei eine grundlegende Reform der griechischen Volkswirtschaft, um diese wieder wettbewerbsfähig zu machen. „Und das geht nur mit einer drastischen Senkung der Produktionskosten, und da vor allem der Lohnkosten.“ Das brauche Zeit - und die Folge wären massive soziale Konflikte.