Der Fluch des WM-Siegers: Seit 52 Jahren keine Titelverteidigung
Berlin (dpa) - Der Fluch des Titels hält seit 52 Jahren an. Seit der Fußball-Weltmeisterschaft 1962 in Chile hat kein Titelträger seine Mission erfolgreich zu Ende gebracht.
Überhaupt konnten nur zwei der bisherigen sieben WM-Gewinner in der Geschichte ihren Titelgewinn vier Jahre später wiederholen: Italien 1938 unter Doppel-Weltmeister-Trainer Vittorio Pozzo und eben Brasilien 1962 mit dem jungen Pelé. Der südamerikanische Rekord-Titelträger schaffte es 1998 als amtierender Weltmeister immerhin noch ins Finale - wie auch Argentinien 1990. Beide Teams verloren jedoch das Endspiel.
Der erneute Einzug ins Finale wäre für Spaniens Trainer Vicente del Bosque sicherlich schon ein Erfolg. „Wir alle wissen, wie schwierig es ist, das Double zu schaffen“, sagte der Weltmeistercoach, der schon im ersten Spiel mit seinem Team in einer Neuauflage des WM-Endspiels von 2010 auf die Niederlande trifft (Freitag, 21.00 Uhr). Der spanische Coach erinnerte an die Negativbeispiele der letzten Turniere, als Frankreich 2002 und Italien 2010 als Titelverteidiger schon in der Vorrunde ausschieden. Das gleiche Schicksal ereilte die Italiener 1950 und Brasilien 1966 in England.
Alle drei Nationalmannschaften scheiterten übrigens auf einem fremden Kontinent: Italien in Afrika und Südamerika, Frankreich in Asien und Brasilien in Europa. Auf der anderen Seite verteidigten die Weltmeister ihren Titel nur auf dem eigenen Kontinent erfolgreich: Italien 1938 in Frankreich und Brasilien 1962 in Chile.
Auch die deutsche Mannschaft erlebte 1978 und 1994 als jeweils amtierender Titelträger wie kompliziert der Weg zum erneuten Triumph sein kann. In Argentinien ging 1978 die Partie gegen Österreich (2:3) in der zweiten Finalrunde als die „Schmach von Cordoba“ in die Geschichte ein. Damit verpasste die deutsche Nationalmannschaft den Einzug unter die letzten vier Teams des Turniers. Weltmeister wurde Gastgeber Argentinien.
1994 lief das Turnier für die deutsche Mannschaft, die erstmals bei einer Endrunde von Berti Vogts betreut wurde, zunächst etwas besser. Zwar wurde Stefan Effenberg aus disziplinarischen Gründen vorzeitig nach Hause geschickt, aber das Team marschierte immerhin unbesiegt bis ins Viertelfinale, wo Bulgarien dann das WM-Aus des Titelverteidigers besiegelte. Ausgerechnet Yordan Letchkow, der Bundesligaprofi des Hamburger SV, köpfte den Siegtreffer gegen die DFB-Elf.
Der frühere Nationalspieler Andreas Möller erinnerte sich an die damalige Atmosphäre bei dem Turnier in den USA. „Innerhalb der Mannschaft gab es viele Konflikte. Die Stimmung war schlecht. Kein Vergleich zur Weltmeisterschaft 1990. Damals passte einfach alles“, sagte der Mittelfeldspieler in einem früheren Gespräch dem Online-Portal der „Zeit.“ „Wir haben uns damals mit Kleinigkeiten aufgehalten. Die Spieler schraubten ihre Forderungen immer höher, und der damalige Trainer Berti Vogts sah einiges zu eng“, ergänzte Möller.