Die AfD: Harte Worte und zur Not auch Kugeln
Berlin (dpa) - „Heimat“ ist ein Wort, das in den aktuellen Wahlkampf-Slogans der AfD besonders häufig auftaucht. Diese „Heimat“, so suggeriert die junge Partei, muss verteidigt werden.
Und zwar nicht mit den Panzern, die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) demnächst beschaffen will, sondern mit Abschiebungen und nationalen Alleingängen. Und mit Grenzkontrollen, im Extremfall auch unter Einsatz von Schusswaffen, wie Parteichefin Frauke Petry jetzt der Zeitung „Mannheimer Morgen“ sagt.
Inhaltlich liegt sie damit im Prinzip schon auf der Linie ihrer Partei. Für Stirnrunzeln könnte ihre Äußerung in der AfD trotzdem sorgen. Denn einige Parteifreunde fragen sich schon länger, ob Petry in Interviews und bei Vorstandssitzungen tatsächlich ihre eigenen Ideen präsentiert oder die ihres Lebensgefährten Marcus Pretzell. Der hatte schon im vergangenen Herbst über Waffengewalt an der Grenze als Ultima ratio sinniert.
Die Alternative für Deutschland, die in ihren Anfängen vor allem die D-Mark-Nostalgie pflegte, sieht durch die neuen Zuwanderer das „Deutsche“ in Gefahr. Vor allem seit dem Bruch mit Parteigründer Bernd Lucke hat das Nationale in der AfD mehr Gewicht bekommen.
Dadurch ist die Rechtspartei zur neuen Heimat für Menschen geworden, die mit der „Willkommenskultur“ der Bundesregierung nichts anfangen können. Jüngste Umfragen zeigen, dass dies auf rund ein Zehntel der Wahlberechtigten zutrifft. Es sind vor allem Männer. Eine am vergangenen Wochenende veröffentlichte Emnid-Umfrage brachte ans Licht: 17 Prozent der Männer würden ihre Stimme der AfD geben, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, aber nur zwei Prozent der wahlberechtigten Frauen.
Warum das so ist, darüber rätseln sie jetzt im Bundesvorstand der AfD. Jeder hat da einen eigenen Erklärungsansatz. „Für die Finanzmarkt-Themen, mit denen wir damals gestartet sind, interessieren sich vielleicht eher Männer“, glaubt Parteichefin Petry. Sie sagt, möglicherweise müsse die AfD, um mehr Frauen zu erreichen, auch an der „Art der Ansprache“ etwas ändern.
Alice Weidel, Beisitzerin im AfD-Bundesvorstand, sagt: „Bisher wird die AfD meist nur mit den sogenannten „harten Themen“ wahrgenommen, die Frauen nicht sonderlich ansprechen.“ Dabei setze sich die AfD auch für Frauen ein, „die sich Kinder wünschen, aber auf ihre Berufstätigkeit nicht verzichten wollen oder gar nicht verzichten können“.
Der stellvertretende Vorsitzende Alexander Gauland hat eine andere Theorie. Er sagt: „Vielleicht ist der Mann noch immer derjenige, der denkt, er muss für das Staatswesen einstehen.“ Auf diese Männlichkeits-Reflexe setzt womöglich auch der Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl am 13. März in Sachsen-Anhalt. André Poggenburg, der in der Vergangenheit wegen ausstehender Rechnungen Ärger mit den Behörden hatte, spricht die potenziellen „Landesverteidiger“ direkt an. Im aktuellen Wahlwerbespot der AfD sagt er: „Ihr könnt später sagen, ihr wart dabei und habt eure Verantwortung vor unserem Land und vor euren Kindern wahrgenommen.“ Das sind markige Sprüche, von denen sich Frauen eher nicht so angesprochen fühlen.
Die AfD 2.0 ist aber nicht nur eine Partei der harten Themen und Sprüche. Auch in den Spitzengremien der AfD geht es oft eher hart als herzlich zu. Petry beteuert zwar: „Es gibt keinen Führungsstreit in der AfD“. Und wenn sie damit ihr aktuelles Verhältnis zu dem Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen beschreibt, dann stimmt das wohl auch. Doch an anderen Ecken im Parteigefüge rumort es immer noch gewaltig.
Dass die Grabenkämpfe zwischen den Bürgerlich-Konservativen und dem rechtsnationalen Flügel um den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke noch nicht eskaliert sind, liegt wohl vor allem an den guten Umfragewerten und an Gaulands Bemühen, die Partei zusammenzuhalten.
Der 74-Jährige hat im Dezember verhindert, dass Petry die umstrittenen Äußerungen Höckes über den „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp“ zum Anlass nimmt, um den Rivalen aus der Partei zu drängen. Als „Königsmacher“ der AfD, der erst Petry auf den Schild gestellt hat und jetzt Höcke protegiert, möchte Gauland aber nicht gesehen werden. Sein Ziel, dem er alles andere unterordnet, ist ein anderes: Er will unbedingt, dass die AfD 2017 in den Bundestag einzieht.