Die Bankettrede von Karl-Heinz Rummenigge
München (dpa) - Von Wut, Trauer und einem brutalen Abend sprach Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge im Münchner Postpalast nach der bitteren Niederlage im Heim-Finale der Champions League gegen den FC Chelsea.
Nach drei zweiten Plätzen will sich der Fußball-Rekordmeister hinterfragen.
Auszüge aus der Bankettrede von Karl-Heinz Rummenigge:
„Das ist einer dieser Abende, an denen man sich fragt, es wäre besser gewesen, man wäre daheimgeblieben und hätte das nicht erlebt. Man fragt sich, wie kommt dieses Ergebnis zustande. Es ist auch eine Rede, die ich in diesem Stil nie führen wollte und möchte. Aber es ist leider die Wahrheit. Wir haben ein Endspiel gehabt hier in München, wir haben einen Traum gehabt, in dieses Endspiel hineinzukommen. Das haben wir geschafft. Ich denke, wir haben ein Spiel von unserer Mannschaft gesehen, dass was Willen betrifft, was Einsatz betrifft, was Kampf betrifft okay war (Beifall).
Man konnte spüren, dass die Mannschaft dieses Spiel eigentlich gewinnen wollte. Wenn man der Mannschaft einen Vorwurf machen will, und ich glaube, es gibt da immer zwei Seiten der Medaille. Wir müssen leider auch die nicht so angenehme Seite der Medaille mal hier widerspiegeln. Wir hatten drei Matchbälle. Wir haben 1:0 geführt in der 83. Minute. Wir haben einen Elfmeter gehabt in der Verlängerung. Wir haben beim Elfmeterschießen nach dem dritten Elfmeter auch noch geführt - und trotzdem haben wir es nicht geschafft.
Ich bin auf der Herfahrt an Heerscharen von Bayern-Fans vorbeigefahren, die aus dem Olympiastadion kamen, die beim Public Viewing waren, und ich kann nur eins sagen: Es war eine unglaubliche Trauer zu spüren. Die Leute, die Fans gingen da her, niedergeschlagen, traurig. Ich glaube, die ganze Trauer, auch wahrscheinlich diese Wut, die wir alle ein Stück mit uns tragen, die wird erst morgen früh, wenn wir wach werden, ein Stück zum Tragen kommen. Wenn wir erst realisieren, welch' große Chance wir heute Abend verpasst haben. Wir haben eine Chance verpasst, das muss man ganz nüchtern sagen. Bei allem was wir heute gesehen haben, muss man klar und deutlich sagen, es wäre möglich gewesen, dieses Finale daheim zu gewinnen.
Es war eigentlich etwas, was unverständlich ist, muss ich sagen. Ich habe eben noch Franz Beckenbauer im Fernsehen gesehen, der gesagt hat, die Engländer können eigentlich nichts dafür. Ich glaube, wenn die heute Nacht ins Bett gehen irgendwann, den Pokal mitnehmen und morgen wach werden, dann werden sie sich fragen: 'Was ist eigentlich passiert, dass wir diesen Pokal gewonnen haben und nicht Bayern München, die besser gespielt haben, die mehr getan haben fürs Spiel, die unglaubliche Chancen herausgespielt haben.' (Beifall) Trotzdem sitzen wir leider hier mit leeren Händen, und das stimmt mich traurig.
Ich habe das 1999 erlebt, als wir in Barcelona auch so dramatisch, ich glaube in der 89. und 92. Minute, 1:2 verloren haben. Das war damals auch unglaublich brutal, aber ich habe fast den Eindruck, heute Abend das ist irgendwie noch bitterer, noch brutaler und eigentlich auch überflüssiger. Und das muss ich offen und ehrlich sagen, tut unglaublich weh. Wenn ich mir so hier die Tische anschaue, dann habe ich den Eindruck, das ist so die allgemeine Stimmung. Es tut mir leid für die Mannschaft, die eigentlich eine großartige Champions-League-Saison gespielt hat (Beifall).
Es war das 15. Spiel heute, es war das siebte Heimspiel, wir haben alle vorher gewonnen. Und wir hätten heute, denke ich, verdient gewinnen müssen. Trotzdem müssen wir uns hinterfragen, warum haben wir nicht gewonnen? Und das ist etwas, was sehr schwierig zu verstehen ist, zumindest jetzt. Ich glaube, es ist sehr wichtig in dieser Stunde, die bitter ist, die traurig ist, ganz einfach rational zu bleiben und irgendwie einfach mal zu akzeptieren, dass es dazu gekommen ist. Das ist schwierig.“